Gastro-Visionen – Im Dialog mit Jan Scheidsteger

von | 22, 12, 20 | ALLGEMEIN

Wir empfangen Jan bei einem leichten Vinho Verde auf der Terrasse. Die spätsommerlichen Temperaturen drängen uns diesen leichten, moussierenden Tropfen auf. 

Für die Augenblicke, in denen wir uns bislang begegnet sind, brauchten wir bislang zwei Hände zum Zählen. Für mich ist es ein wenig wie „Liebe auf den zweiten Blick“.  Vielleicht war es eine gewisse nordische Unterkühltheit, die seine Wahlheimat Hamburg auf ihn übertragen hat? 

Gefunkt – im Sinne von „die Chemie im Denken weist große Parallelen auf“ – hat es dann mitten im ersten Lockdown. Jan hatte spontan auf einen nächtlichen Facebook-Post von mir geantwortet. Daraus entwickelte sich ein Dialog. Nach Mitternacht haben wir den Zeilen-schreibenden Gedankenaustausch durch eine nächtliche Zoom-Konferenz ersetzt – der weitere folgen sollten. Als sich die Lage im Sommer dann etwas entspannt hatte, trafen wir uns in unserer gemeinsamen Lieblingsstadt, in Hamburg. Am Strand von Blankenese und in der Gastroszene vom Schanzenviertel kreuzten wir mit Jan und seiner Partnerin Meike ein paar Gläser und die Gedanken zum Thema Kulinarik und Gastronomie. 

Jetzt schien es uns an der Zeit, diese Gedanken zu fixieren und mit euch zu teilen … 

Sonntag, 13.09.2020, 16:07 Uhr, Münsterstraße 12, Bocholt, Private-Kitchen-Suite von Kirsten & Roland Buß

Jan, dein Baujahr?

1978.

Wein oder Bier?

Das wechselt. Aktuell liegt Wein bei mir vorne. 

 Früher Vogel oder Nachteule? 

Nachteule.

 Fisch oder Fleisch? 

Fleisch. 

 Kochen oder Backen?

Definitiv Kochen.

 Salzig oder süß?

Salzig.

Sekt oder Selters?

Sekt.

Lieblingsrestaurant außer die Eigenen?

Nikkei Nine, Hamburg im Fairmont-Hotel Vier Jahreszeiten.

Weil?

Ich habe da ein Erlebnis gehabt, die Bilder sind einfach in meinem Kopf verankert. Die haben mich so was von aus den Schuhen geschallert, mit Essen, mit Trinken, mit Service … es war alles hoch-besonders. Wir hatten einen speziellen Abend. Der Restaurantleiter dort ist ein Freund von einem Freund vor mir. Der hat sich um uns gekümmert. Wir hatten einen Tisch direkt an der offenen Küche – du kannst dort auch tatsächlich reinlaufen. Deren Küche, deren Style, zu kochen, ist eine Symbiose von Peru und Japan. Das war einfach großartig. 

Dein absolutes Leibgericht?

Pizza.

 Geht es spezieller? 

Ja, klar … es muss definitiv eine Pizza in Italien sein. Die schlichten Zutaten wären Parma-Schinken, Parmesan und Rucola. 

Der ideale getränke-technische Begleiter dazu?

Am ehesten würde ich dazu ein Pils trinken. 

Kannst du dich an das erste Gericht aus eigener Manufaktur erinnern, auf das du so richtig stolz warst? 

Ja. Ich habe diese Kreation zwar nie gastronomisch genutzt, aber es ist eins, was ich sehr gerne für Freunde gekocht habe. Das war eine halbgefrorene Avocado … ohne Stein … in Schale. Darin habe ich Gambas gesetzt, die ich zuvor in Chili, Ingwer, Knoblauch und Olivenöl scharf angebraten habe. Obendrauf kam dann gekörnter Frischkäse und ein paar Tropfen Kürbiskernöl. 

 Wir wechseln zu den Getränken. Die ultimative Flasche, der ultimative Tropfen, der bislang deinen Gaumen passiert hat, war ein …?

Ich bin da relativ genügsam. Momentan bin ich sehr angetan von der Scheurebe vom Weingut Walldorf aus Rheinhessen. 

Ist dir der Begriff Bucketlist geläufig?

Ja.

Was steht auf deiner Liste beim Thema Kulinarik?

Ich würde tierisch gerne den Drei-
Sterne-Sushi-Laden in Tokio besuchen, der als weltbestes Sushi-Restaurant ausgezeichnet wurde. Ich bin hochbeeindruckt von der Hingabe, mit der der dortige Sushi-Meister über Jahrzehnte seine Sushi kreiert. 

Anmerkung… nach Recherche … bei der Niederschrift: Dessen Sushimeister Jiro Ono, der durch die Netflix-Staffel „Jiro Dreams of  Sushi“ sogar Barack Obama in sein Restaurant gelockt hat, ist mittlerweile 95 Jahre alt. Das ist auch der Grund, warum es kaum noch realistisch ist, dort einen der zehn Plätze zu ergattern. Das Restaurant ist nur noch sehr begrenzt der Öffentlichkeit zugänglich. Das ist auch der Grund, warum es aktuell nicht mehr in der Wertung des Guide Michelin auftaucht. 

 Jan, du kannst wählen … 2.500 Euro in bar oder Alkohol im Wert von 5.000 Euro?

Gelächter. 

 … die Frage ist sehr einfach zu beantworten, ich nehme Tor Zwei.

Das war es mit dem Warm-Quatschen. Machen wir einen Schwenk in deine Vita. Gerne die wichtigsten Stationen …
in Stichworten: 

Nach dem Abi Kochausbildung am Bodensee, auf der Insel Mainau, im Restaurant Schwedenschenke. 2½ Jahre … gut behütet, mit vielen Küchenmeistern, ein sensationeller Ausbildungsbetrieb.

Von dort zum Robinson-Club auf Fuerteventura. Dort habe ich acht Monate überbrückt zu meinem Studium Hotel-Management bei der Berufsakademie in Ravensburg.

Danach bin ich noch fast drei Jahre bei Robinson geblieben, an deren Standorten in Italien, der Schweiz und der Türkei.

Dann bin ich zurück nach Deutschland, an zwei Standorte von Center Parks.

 Danach meine erste bewusste Karriere-
Entscheidung mit der Ansage „Mein nächster Job ist in Hamburg!“. Ich war zu dem Zeitpunkt Mitte zwanzig und Operation-Manager, ausgestattet mit vielen Kompetenzen und einer hohen Verantwortung für 150 Mitarbeiter. Trotzdem habe ich die Reißleine gezogen, ich wollte nach Hamburg. 

Wo kommt bei dir die Sehnsucht nach dem Wasser her?

Ich komme vom Bodensee. Wenn ich darüber nachdenke … fast all meine Jobs waren irgendwo am Wasser platziert. Der Eingebung, dass es ich mich mit dem Element Wasser am wohlsten fühle, bin ich wohl gefolgt. 

Vor diesem Hintergrund kann ich dein gastronomisches Engagement bei Mahl & Meute noch nachvollziehen, was den Wassergraben angeht, der Schloß Raesfeld umgibt. Beim bonfire wird das argumentativ ein langer Weg, oder?

Gelächter.

Das ist richtig, aber ich habe ja meinen Lebensmittelpunkt in Hamburg nicht aufgegeben. 

Wie ging es damals in Hamburg weiter?

Da war das Unternehmen Nord-Event mein erster Anlaufpunkt. Da war ich verantwortlich für das Event-Management, für 3.500 Veranstaltungen im Jahr. Das war ein super spannender Job. 

Dann kam das Angebot von Hard Rock Café. Dort galt es, mit dem Franchise-Nehmer für Hamburg alle Hindernisse zu meistern, die sich bis zur Eröffnung an den Landungsbrücken auftaten. Ein Jahr Planung, ein Jahr Bau und dann sieben Monate das Eingrooven in diese neue Location. Ich habe das Projekt und die Umsetzung des Konzeptes begleitet. Das war nicht unanstrengend, in einem über 100 Jahre alten, denkmalgeschützten Gebäude, welches vorher den Pontonwärtern als Lager und Umkleide gedient hatte.

Mein nächster Break … ich wollte meine Schwester in Australien besuchen. Da wurde ein komplettes Jahr draus, wo ich um die Welt gezogen bin.  

Das haben wir in Blankenese am Strand schon mal angerissen. Diese Auszeit musste sein, oder? 

Ja. In der Hard-Rock-Phase habe ich zum Teil 20 Stunden am Tag gearbeitet. Ich kannte mittlerweile die Taxifahrer persönlich, die mich nachts nach Hause gefahren haben. Ich war damals 30, da kann man das energetisch noch auffangen – aber nicht auf Dauer. 

Ich hatte mir persönlich bewiesen, dass ich ein solches Projekt realisieren kann, so dass es erfolgreich läuft. Dann war Zeit für etwas Neues. Da kam die Reise ganz gelegen. Ich hatte Zeit, mich zu durchdenken, zu mir zurückzufinden. Was will ich eigentlich wirklich? 

 Wir ging es nach der Weltreise weiter?

Ich kam zurück und habe mir quasi meinen eigenen Job geschrieben, naiv wie ich war … und teilweise heute auch noch bin – was ich allerdings ganz gut finde. Mein Ziel war es, Unternehmen mit meinen Erkenntnisse zu beraten, die ich bislang sammeln durfte – als Selbstständiger. 

So einfach war das dann doch nicht. Es war sehr entspannt – ich habe die ersten neun Monate keinen einzigen Auftrag gehabt. Nur durch die Verbindungen, mein Netzwerk, was ich in Hamburg hatte, habe ich mich über Wasser gehalten. Ich habe für andere Berater als Freelancer gearbeitet und mit Freunden Service-
Trainings für die Gastronomie durchgeführt. Nebenbei hatte sich mein Fokus weiterentwickelt … wie entsteht denn eigentlich ein Konzept, was braucht es dafür und was hat der Gast eigentlich damit zu tun? Das war der Grundstein für mein heutiges Treiben. 

Wie bekommt man das zeitlich verortet, wann warst du straßen-tauglich?

Wenn du mich so fragst … eigentlich schon 2013, direkt am Tag meiner Rückkehr nach Hamburg – es hat nur keiner kapiert. 

Gelächter macht sich breit, weil er diese Melange aus Selbstüberschätzung und fehlenden Marketing so sympathisch-ironisch bilanziert. 

Nach den ersten eigenen Aufträgen kam dann im Herbst 2014 die Art von Aufträgen, für die ich mich selbstständig gemacht hatte. Dazu gehörte es, TUI-Magic-Life zu beraten. Das war der Moment, wo fühlbar wurde, dass mein Plan funktioniert … ich krieg die PS auch auf die Straße. Da habe ich über 1½ Jahre dreizehn TUI-Standorte beraten … ein komplett neues, globales Konzept aufgestellt. Es galt, alle Touch-Points im F&B-Bereich [Food and Beverage] unter die Lupe zu nehmen. Über den Buffet-Bereich, die Bar-Karte, den Welcome-Drink … alles zu hinterfragen … alles neu auszurichten … und den Gast in den Mittelpunkt zu stellen. Was möchte der wirklich?

Das war ein Meilenstein … für mein Vertrauen in mich selbst, für meine Visitenkarte in der Branche und ein Booster für das Empfehlungsmarketing in der Gastronomie, wo sehr viel über Mundpropaganda passiert.

Ich bin froh, keine Akquise machen zu müssen. Das ist ein Part, der mir keinen Spaß macht – aber wir reden auch von einem Nischensegment, d.h. die Welt der gastronomischen Berater ist überschaubar. Ich bin ganz dankbar, wenn der richtige Partner auf mich zukommt. 

Nun bist du ja irgendwann in dieser Region, im PLATZHIRSCH-Revier gelandet, wann kam es dazu? 

Das muss Ende 2017 gewesen sein. Da stand ich in Hamburg in einem Supermarkt und bekam einen Anruf von Bene (Benedikt Kisner, CEO netgo group). Nach 20 Minuten stand fest, dass wir uns näher kennenlernen sollten. Im Frühjahr 2018 bin ich dann zum ersten Mal in Borken bei netgo gewesen. Danach haben wir gemeinsam das Konzept für das bonfire im netgo-basecamp entwickelt. Wir haben so viel Gefallen an unserer Zusammenarbeit gefunden, dass ich als Gesellschafter in die BONGASTRO GmbH eingestiegen bin. 

Dann kam ja relativ schnell mit dem Mahl & Meute im Schloß Raesfeld noch ein zweites Projekt hinzu … 

Das Schloß wurde im Sommer 2018 zum Thema. Der dortige Pächter wollte aufhören, und Bene war irgendwie fasziniert von der Location.

Mir schwebt eine Interview-Sequenz mit Bene vor, wonach er immer schon mal den Traum von einem eigenen Steakhouse hatte – wobei das eine gelinde Untertreibung wäre. Warst du genauso begeistert von dieser Idee?

Nee, gar nicht. Mein Fokus war das bonfire, diese Art der Bistronomie … ein eher modernes Konzept. Etwas mit offener Küche zu zeigen, ein bisschen mehr die gesunde Ernährung in den Vordergrund zu stellen. Auch vor dem Hintergrund, den ganzen Nerds dieses IT-Unternehmens etwas Gutes zu tun – quasi als Counterpart zu deren Arbeitsrealität. Das entspricht vollends meiner Idee von moderner Gastronomie. 

Uns war klar, dass das im Schloss keine Bistronomie werden sollte und das wir auch nicht das Gleiche machen wollen, was vorher dort anzutreffen war. Ich habe da noch Patricks (gemeint ist Patrick Kruse, ebenfalls CEO netgo) erstes Wort im Ohr … „Steakhouse“. Mir war zunächst nicht sehr wohl bei dem Gedanken. Ich habe den Gedanken sacken lassen und damit gespielt. In Berlin gibt es ein Konzept, was Steak & Sushi anbietet. Die Location war ebenfalls ein altes Gebäude, bei dem durch Neonlicht Gegensätze geschaffen wurden. Das war die erste gedankliche Skizze, mit der wir gespielt haben. Das Thema Sushi haben wir dann ausgeblendet und uns auf das gute Stück Fleisch konzentriert. Auch hierbei galt es wieder dem Gast eine andere, bessere Aufmerksamkeit zu widmen. Wie essen wir eigentlich? Welche Szenarien sind eigentlich am geselligsten? Und so haben wir das Teilen zum Thema gemacht. So entstanden dann die Beilagen- und Saucen-Arrangements, die wir in die Mitte der Gäste stellen. 

Sprechen wir über deine Kern-Kompetenz. Du musst ja ständig auf Sendung sein, um ein Gespür dafür zu entwickeln, wie sich die Bedürfnisse der Gäste verändern, wie sich Trends entwickeln. Blenden wir die Zeit mit den fünf Buchstaben und den beiden Zahlen (Covid-19) mal aus – wie hast du die Zukunft der Gastronomie bis zum März 2020 gesehen? 

Ich habe irgendwann angefangen, dieses Wort „Trend“ zu hassen. Essen wird immer populärer – für alle. Jeder definiert sich über Essen. Instagram ist voll mit Foodporn und jeder gibt seine 5-Cent [Redewendung für „unbedeutende Meinung“] dazu … auch zum Thema gastronomische Trends. 

Ich war Teil des Ganzen. Ich habe unheimlich viele gastronomische Trendreports gelesen und analysiert. Für mich selbst hatte ich fünf Trends ausgeschärft, die Teil meines Beratungs-Business waren. Bis ich einen Zukunftsforscher kennengelernt habe, der mir aufgezeigt hat, dass ein Trend Kraft Definition in der Soziologie, in der Zukunftsforschung, eine Halbwertzeit von ungefähr zehn Jahren hat. Das ergab total Sinn für mich, weil Menschen einfach sehr gerne an Gewohnheiten hängen und viele sich nur sehr, sehr langsam verändern. 

Da habe ich realisiert, dass diese Trends von den Menschen aus der Gastro-Szene immer nur eine Momentaufnahme darstellten – mit einer Hype-Gültigkeit von zwölf Monaten. Wir sind allesamt viel zu kurz gesprungen. 

Wenn ich Menschen berate, muss ich ihnen ein Bild zeichnen können, was in der Zukunft passieren könnte. Ich rede mittlerweile nicht mehr über Trends, sondern über Entwicklungen. Ich habe zehn dieser Entwicklungen als Statement für die nächsten zehn Jahre aufgezeichnet. 

Als da wären …? 

Gesundheit, Ökologie, Professionalität, Technologie, Vertrauen … Themenkomplexe, die erst einmal sehr weit gefasst anmuten. Quasi als Gegenentwurf zum Trend „Algen“. Algen sind kein Trend. Algen sind Proteine, die in der Natur vorhanden sind und durch deren Verwendung in der Küche man die Themen Gesundheit und Ökologie zusammenführt. 

Du erinnerst dich bestimmt an den Gourmetburger, der im Jahre 2015 zum Trend erklärt wurde. Das stimmt natürlich nicht, denn der Gourmetburger ist ein Produkt. Der Trend ist in diesem Fall etwas anderes – nämlich Handwerk, Liebe für Lebensmittel, Leidenschaft für gute Zutaten. Das ist ein anderer Ansatz. Bei mir dreht sich alles um die Fragen:

Wie sind Menschen, welche Bedürfnisse haben sie? Und wie können wir das in unsere Konzepte und Produkte übersetzen? 

Es gibt ja einen Grund dafür, warum Menschen z.B. anfangen, plötzlich Einhorn-Produkte zu kaufen. Vor drei Jahren gab es Einhorn-Ritter-Sport, Einhorn-Shampoo, Einhorn-Haribo, Einhorn-Wurst … da war alles Einhorn. Danach war alles Flamingo. Wenn man jetzt einen Foodblogger gefragt hätte, der hätte das Einhorn als Trend ausgerufen. Wenn man mich fragen würde, würde ich sagen, es geht um Play … um das Spielen, um Humor, darum, das Leben nicht so ernst zu nehmen. 

Deshalb wäre es unklug für einen Dönerladenbesitzer, sich Einhorn-Schokolade in die Auslage zu legen. Es geht darum, wie er das Thema Kindsein authentisch in sein Konzept einbauen kann. Man muss also hinter den Trend schauen. 

Zwischengedanke: Ich stelle gerade fest, dass ich die Einhorn-Flamingo-Phase komplett verschlafen habe. Wahrscheinlich, weil es relativ wenig frische Produkte aus diesem Segment gab. Außerdem, welche Sauce passt zum Einhorn-Filet oder zum Flamingo-Flügel? Ich bin einfach zu nahrungs-fokussiert. Ich schweife ab.

Jetzt hast du ja mit deinen Mitgesellschaftern Bene und Patrick zwei innovative Gefährten und mit dem bonfire eine Spielfläche für diese Gedanken – welche Entwicklungen erleben die Gäste dort? 

Gesundheit 

Das Thema liegt bei jeder Rezeptentwicklung in der Mitte unserer Idee. Nicht ausschließlich – sonst hätten wir eine Salat-Bar eröffnen müssen. Es geht vornehmlich um Comfort-Food, mit dem man sich wohlfühlt. Die Menschen dürfen darauf vertrauen, sich sehr gesund zu ernähren und dabei Wahlfreiheit zu haben. 

Nachhaltigkeit

Ein Thema. das sehr viele Entscheidungen beeinflusst und geprägt hat. Wir haben keine Plastikstrohhalme, keine Einwegverpackungen. Wir beziehen unseren Strom aus einer Photovoltaik-Anlage. Wir haben ein Wasser-System eingeführt, wo sich unsere Gäste mit aufbereitetem Leitungswasser bedienen können. 

Gemeinschaft

Dieser Wert wird von vielen Kollegen in der Gastronomie noch unterschätzt. Klar wollen die Menschen essen gehen … aber bei vielen ist es mittlerweile mehr als das. Starbucks hat mal diesen Begriff des „Third Place“ geprägt – einen Zufluchtsort, wo sich die Menschen ein Stück weit zuhause fühlen. Dieses Denken hat auch unseren Namen bonfire geprägt. Bei der Frage, was wir denn sein wollen, waren wir ziemlich schnell bei dem Begriff Treffpunkt – von uns umgesetzt durch die Symbolik des Lagerfeuers. Ein Ort, wo man sich mit Freunden trifft, wo man den Tag bespricht … ihn Revue passieren lässt, wo Emotionen ein passendes Umfeld haben.

bonfire

ein Ort, wo man sich mit Freunden trifft,
wo man den Tag bespricht … 

ihn Revue passieren lässt,
wo Emotionen ein passendes Umfeld haben.
 

Das bonfire und das Mahl & Meute sind Objekte in dieser Region. Aber auch nur zwei Tasten auf deiner Klaviatur. Beim Begrüßungs-Vinho-Verde auf unserem Private-Kitchen-Deck hast du weitere aktuelle Projekte angesprochen. Befriedige bitte mal unsere Neugierde … 

Ich bin in der Konzeptentwicklung für Hotelketten, Bauunternehmen unterwegs sowie für Entwicklungsgesellschaften, die gerade das Thema Gastronomie für sich erkannt haben. Unternehmen, die feststellen, dass dieses Thema schwieriger wird und dass man das Thema Restaurant anderes denken muss. Dass man Geschichten erzählen muss. Dass man Ecken und Kanten, Einstellungen und Haltung braucht. Zu meinen Aufgaben gehört es, an dem roten Faden zu spinnen, der einem solchen Konzept innewohnen sollte.

Das klingt sehr abstrakt … auf der Terrasse ging das konkreter. Dürfen wir über ein paar Facetten konkreter sprechen? 

Ja, klar. Da geht es zum Beispiel um den Neubau eines Hotels in einem alten Komplex. Mit einer sehr starken Marke, einem starken Markenumfeld, das jetzt übersetzt wird in die dortige Gastronomie, d.h. Café, Bar und Restaurant. 

Konkret geht anders, mein Lieber … 

Sorry … wir sprechen über das neue „nhow“ in Hamburg, welches in einem alten Bunker mitten in Hamburg, in einem sehr spannenden Viertel umgesetzt wird … in einem sehr lebendigen, vitalen Bereich mitten im Schanzenviertel.

Extrem spannend … wenn ihr einen Blick wagen wollt: www.nhow-hotels.com

Das ist ja ein Projekt, wo wahrscheinlich sehr viele andere Ideen und Impulse berücksichtigt werden müssen. Wenn du jetzt für dich alleine ein eigenes Projekt realisieren würdest, wie sähe das aus?

In dem bonfire steckt schon eine ganz Menge Jan drin. Wir sind drei gleichberechtigte Partner, wobei Bene und Patrick meiner Expertise sehr viel Raum geben. Von daher ist das auch keine beratende Tätigkeit, das ist schon meins. 

Aber es gibt immer noch zwei Branchenfremde, die reinquatschen könnten …

Das stimmt, weil wir über Dinge sprechen, die für mich 25 Jahre meiner Erfahrung ausmachen und die für die beiden Neuland sind. Aber dafür habe die beiden andere Erfahrungen, die mich bereichern. 

Ich glaube, ich würde letztendlich gar kein Projekt alleine realisieren wollen. Man hat zwar immer Konfliktpotenzial … man hat Themen, wo man sich nicht einig ist. Aber was ich gelernt habe … als Angestellter … im Projekt … oder in der Geschäftsführung … dass der Zwist, der entsteht, am Ende des Tages zu etwas führt, was besser ist, als wenn man das alleine gedacht hätte. 

Mein lieber Jan, als im März der Lockdown kam, haben wir uns gegenseitig dabei erwischt, dass wir nachtaktive Menschen sind. Ich erinnere mich noch gut an einen WhatsApp-Austausch, der dann zu einem spontanen Zoom-Meeting mutierte. Wo wir digital miteinander angestoßen und uns ausgetauscht haben.

Das stimmt, ich mit einer Scheurebe im Glas und du mit einem Cognac …

Ich würde das Covid-Thema gerne umschiffen, aber das wäre realitätsfern, bei dir als Kind der Branche. Was wird sich verändern?

Ich würde es gerne auch dahin lenken, welche Möglichkeiten und Chancen aus der durchlebten Zeit entstehen. Das gastronomische Leben hat sich eh enorm gewandelt, es ist schnelllebiger geworden, die Gäste sind anspruchsvoller und skeptischer, als das noch vor 20 Jahren der Fall war. 

Was sich Corona-bedingt verändert hat, ist: Man kann als Gastronom jetzt schneller mutige Entscheidungen treffen. Bedeutet, dass man Veränderungen umsetzen kann, die man lange gescheut hat, aus Sorge, dass die Gäste das nicht mögen.

Das zweite ist, dass die Gäste jetzt interessierter an uns, an unserem Berufsstand sind. Es herrscht eine Sensibilität für das, was wir bislang wie selbstverständlich tagein, tagaus geleistet haben. Wir haben eine andere, eine positivere Akzeptanz.

Gastronomen leben von Gästen. Wenn wir nur für uns alleine denken würden, hätten wir andere Themen schon wesentlich schneller umgesetzt. Ich denke dabei an Löhne, Arbeitssituationen und Nachhaltigkeit. Aber das hat alles seinen Preis, den wir letztendlich auf die Gäste umlegen müssen. Hier tut sich gerade eine Chance auf, für ein gemeinsames Umdenken. Vielleicht kommen wir dahin, dass wir irgendwann die Preise verlangen dürfen, die wir brauchen, um gute Produkte zu kaufen und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, wo Menschen motiviert ihren Job machen können. 

Quasi um die Schieflage in eine Win-Win-Situation zu verwandeln …

Genau. 

Was könnte sich noch verändern? 

Das Thema Technologie. Wir sprechen über ca. 200.000 gastronomische Betriebe in Deutschland. Von denen haben einige eine leichteren Zugang zur Technik, weil sie es verstehen. Es gibt aber noch viele, die sich schwer damit tun. Da sprechen wir über kontaktloses Bezahlen, d.h. via Handy. Vielleicht wird das Bargeld irgendwann abgeschafft? Ich verstehe die Argumente wie Kontrollverlust und die fehlende Romantik beim persönlichen Bezahlvorgang. Aber es hat für den Ablauf einfach enorm viel Vorteile. 

Damit kein Missverständnis aufkommt … Unsere Grundhaltung ist: Gastronomie braucht Menschen und muss menscheln. Aber wir diskutieren auch Konzepte wie Self-Ordering – als Ergänzung. Wir haben das nicht gesucht, aber Covid hat uns gezwungen, uns damit auseinanderzusetzen. Es ist eine andere Bereitschaft vorhanden, sich damit auseinanderzusetzen, um möglicherweise auch Vorteile zu erkennen, für die wir bislang nicht offen waren.

Die Frage ist, wo macht Technik Sinn? Wir werden im Mahl & Meute oder im bonfire nie Screens aufhängen, wo unsere Speisekarte visualisiert wird. Aber wenn wir Prozesse vereinfachen können für den Gast und für uns, sollten wir darüber nachdenken. Vielleicht werden wir außer Haus liefern … wo der Kunde den Vorgang über eine App auslösen kann. Das sind Dinge, mit denen wir uns beschäftigen – aber auch ein Teil unserer Kollegen in der Gastronomie.  

Lass uns doch mal da reingehen. Als der erste Lockdown kam, war das ein Schock für alle. Was wir bei uns erlebt haben, war ein Mitfühlen für eine Branche, in der wir viele Freunde haben. Was wir beobachtet haben, ist der unterschiedliche Umgang der Gastronomie mit dieser Herausforderung. Wir teilen mit dir die Leidenschaft für die schönste Stadt Deutschlands – sprich: Hamburg. Wir konnten auf Facebook verfolgen, wie sich die Menschen vom Bistro Carmagniole, dem Momo und dem Salt & Silver zusammengetan und ein gemeinsames Konzept ersonnen und umgesetzt haben. Das war mehr als ein gemeinsamer Lieferdienst. Da ging es um ausgeklügelte, zum Teil vorproduzierte Gerichte, wo die Bestellenden zu Hause noch Hand anlegen musste. Die Packages sahen super durchdacht und schön gepackt aus. Das erinnerte mehr an einen wohldekorierten Präsentkorb als an fertig produzierte Nahrung in Einwegverpackung. Ist das ein Trend … hätte ich jetzt fast gesagt … ist das eine Entwicklung?

Du sprichst etwas Gutes an. Ich nenne das ein Wertschöpfungsnetz, in Abgrenzung zur Wertschöpfungskette. Früher hatte man einen Produzenten, einen Großhändler, einen Kleinhändler, einen Gastronomen und einen Konsumenten – das war ein linearer Prozess.

Was ich derzeit beobachte, ist eine Art neuer Vernetzung und dies nicht nur in einer Richtung, sondern über Kreuz. Das sollten wir weiter forcieren. Gastronomen, die auf einer Straße lagen oder in einem kleineren Ort, haben sich immer als Wettbewerber betrachtet. Da versucht man dann, günstiger zu sein als der andere oder sein Angebot spezieller auszurichten, um die Gäste zu ziehen. 

Nur wenige haben darüber nachgedacht, zu kooperieren, gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Die drei Restaurants in Hamburg, die du gerade angesprochen hast … da würde jeder das auch alleine hinbekommen, doch um welchen Preis? Es wäre mit wesentlich höheren Kosten verbunden.

Was wäre zum Beispiel, wenn man sich in einer Straße zusammentun und gemeinsam einen Pool von Aushilfen pflegen würde? Warum muss das jeder für sich machen? Man könnte Schulungsthemen gemeinsam angehen und damit Einfluss auf den Service, den Flair eines Stadtteils nehmen – wo alle etwas von hätten. 

Thema Lieferdienst – warum muss man diese monopolartige Stellung von Lieferando erdulden? Mit Provisionszahlungen zwischen 15 und 30 Prozent, je nach Größe der Stadt. Dazu musst du noch selber fahren. Da sind wir sehr nahe am Verlustgeschäft. 

Was wäre denn, wenn man es schafft, mit zehn Gastronomen einen eigenen Lieferservice auf die Beine zu stellen – als autarkes regionales System?

Das sind Gedanken, die in dieser Phase zum Teil auch aus der Solidarität heraus geboren wurden. Ich glaube, dass da etwas hängenbleibt. Ich glaube, dass viele Kollegen von mir erkannt haben, dass es Sinn macht, dieses Einzelkämpfer-Dasein zu durchbrechen. 

Ich kann mir auch vorstellen, dass sich diese Solidarität auch auf das Preisgefüge auswirken könnte. Was wäre denn, wenn man gemeinsam dafür einsteht, faire Preise für gute Produkte aufrufen zu dürfen – ohne sich weiter über den Preis zu definieren?

Penny hat einen sehr mutigen Schritt mit einem Store in Berlin beschritten, indem sie in einem Flagship-Store anhand bestimmter Produkte deutlich machen, was diese wirklich kosten müssten, wenn man ökologische Faktoren berücksichtigen würde. 

Da fällt mir ein … die drei Hamburger Restaurants arbeiten jetzt daran, ihren Service auch deutschlandweit anzubieten.

Du verdirbst mir gerade die Laune und die Denkromantik, dass bei gutem Essen einige Dinge nicht verhandelbar sind. Für gutes Essen sollte der Gast reisen und nicht das Produkt. Ich habe mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass es Start-ups gab, die einen Gourmet-Gegenpol zu Hello-Fresh liefern wollten. Sprich: „Bausätze“, von Sterne-Gastronomen konzipiert, die den Weg zu einem solchen Ausnahme-Athleten entbehrlich machen. Das war Gott sei dank nur von kurzer Dauer.

Bleiben wir bei Hello Fresh … warum boomt dieses Konzept? Weil manche Menschen keine Zeit mehr in den Einkauf von Waren investieren wollen. Warum muss Hello Fresh seine Produkte deutschlandweit per DPD versenden? Geht das regional nicht frischer, ökologischer?

Kommen wir zurück zu den drei Hamburger Gastronomen. Ich kenne alle drei, die das machen. Die sind erst einmal mit einem sehr leidenschaftlichem Verständnis von Essen gestartet. Die Jungens von Salt & Silver haben Mexiko und ganz Südamerika bereist. Die waren in allen Ländern für deren Gerichte, die sie kochen. Die bauen ihre Chilis selber an. Vena war wegen seiner Momo-Bans ein paar Male in Japan, um vor Ort zu studieren, wie gute Ramen gemacht werden. Aus der Covid-bedingten Not wurde dann der Gedanke geboren, den Umsatz, den sie brauchen, auf anderen Wegen zu erzielen. Wenn sie jetzt festgestellt haben, dass das Konzept aufgeht, halte ich es für normal, zu schauen, wie groß ich dieses Konzept denken kann. Möglicherweise werden sie dazu kommen, dass die längeren Wege außerhalb Hamburgs den Produkten nicht gut tun …  

… was ich persönlich nicht schade finden würde. Wie gesagt, ich würde mir gerne diese Romantik bewahren, dass gutes Essen nicht online handelbar ist … Während wir uns unterhalten und ich dir zuhöre, merke ich, wie es sich Engelchen und Teufelchen auf meinen Schultern bequem machen. Manches finde ich toll. Bei manchem meckert mein Gehirn. Ich selbst denke sehr gerne im Wir, in Gemeinschaften. Mein Problem ist, dass ich dabei an real existierenden Köpfen hängenbleibe. Da fällt es mir bisweilen schwer, deren Kooperationsfähigkeit/- bereitschaft zu erkennen.

Diese Sicht teile ich. Ich sehe einen solchen Paradigmenwechsel auch nicht von heute auf morgen, sondern als Prozess. Dieses historische Denken wird sich möglicherweise nach und nach rauswaschen. Wichtig ist, dass wir angefangen haben, diesen Weg zu gehen. Was jetzt noch mikroskopische Veränderungen sind, könnte irgendwann vorherrschende Praxis werden. Viele Veränderungsprozesse gehen von wenigen Menschen aus, die einen Leidensdruck haben und daraufhin die ersten kleinen Schritte in eine andere Richtung gehen. 

So ist zum Beispiel diese „Leere Stühle“-Aktion von einer Gruppe von Gastronomen in Dresden ins Leben gerufen worden und zu einer bundesweiten Aktion mutiert. 

Schau dir die Aktion „Kochen für Helden“ an, die Max Strohm vom Berliner Sterne-Restaurant Tulus Lotrek ins Leben gerufen hat. Die bekochen in der Corona-Krise Ärzte und Pflegepersonal. Dieser Aktion haben sich viele Restaurants angeschlossen, die haben da wirklich etwas losgetreten. 

Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, dass sich aus kleinen Initiativen heraus eine gewaltige Macht entwickeln kann, die Veränderungen revolutionsartig beschleunigt … denken wir an Greta Thunberg. Oder schauen wir uns an, wie unsexy mittlerweile Rauchen geworden ist. Vielleicht haben wir irgendwann eine Gastronomie-Kultur, wo es unsexy ist, nicht für den Straßenzug, die Region, die Gemeinschaft zu denken? Wo a-soziales Verhalten geächtet wird? 

Es gibt diese Beispiele. Du wirst die Hotelkette 25hours kennen. Die Jungens kommen ursprünglich aus Hamburg. Das sind extrem pfiffige Unternehmer. Die haben an ihrem Standort in der Hafen-City ein Experiment gestartet. Deren Aussage war: „Wir haben eh eine Rezeption, die mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt ist. Dann lass uns doch zugleich etwas für die Community hier in der Hafencity machen.“ Die haben dann eine Wäscheannahme dort eingerichtet. 

Wir denken Gastronomie immer noch im Sinne von closed shops. D.h. der Gast hat Hunger und reserviert einen Tisch bei mir. Den nimmt er um 18:00 Uhr ein und ist um 20:00 Uhr wieder weg. Ich lass jetzt meine Gedanken einfach mal laufen …. Wer sagt denn, dass nicht irgendwann unser Edeka-Markt Wilger in Borken einen Teil seiner produzierten Waren von einheimischen Gastronomen bezieht?

Da hinken meine Gedanken noch hinterher, so weit reicht mein Horizont noch nicht. 

Wenn du das ökologisch denkst, könnte das Sinn machen. Edeka, die ja „Lebensmittel lieben“, haben zum Teil vorproduzierte Produkte, die quer durch die Republik gefahren werden. 

Kann es nicht sinnvoller sein, Produkte heimischer Erzeuger mit anzubieten, auch aus der Gastronomie? Können wir mit z.B. 20 Gastronomen aus dem Bereich Borken einen Teil der Produkte, die international geliefert werden, wie von Unilever oder Nestlé, nicht durch regionale Anbieter ersetzen? 

Du bist meiner konventionellen Gedankenwelt wirklich weit voraus … 

Mag sein … Ich denke auch, dass die Grenzen zwischen Gastronomie und Einzelhandel punktuell verschwimmen werden.

Das klingt möglicherweise noch utopisch.
Ich sehe das auch nicht im Großen, sondern eher mit den kleinen Veränderungen, wie schon erörtert. Es geht darum, die Dinge anders zu betrachten. Das Hauptgeschäft im bonfire läuft abends. Mittags haben wir für zwei Stunden geöffnet. Die Zeit dazwischen gastronomisch zu bespielen, ist nicht wirtschaftlich. Aber es ist Fläche, die schon ist und die verfügbar ist. Wie und für wen kann ich diese Fläche anbieten … z.B. als Co-Working? 

Am Ende vom Tag ist es eine Durchmischung von traditionellen Business-Cases, die wir bislang gewohnt waren, hin zu neuen, modernen Konzepten. 

Lass uns zum Thema Essen, Genießen zurückkehren …

Genau … eine Entwicklung, die ich wahrnehme, ist, dass wir tagsüber vornehmlich snacken, während wir uns abends für das Essen wirklich Zeit nehmen. Das Snacken findet bei extremen Menschen bis zu 20-mal am Tag statt, ortsunabhängig … in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Büro… und oft auch gedankenverloren. Wenn wir das Tagwerk hinter uns gelassen haben, scheint es eine gute Zeit zu sein, bewusster zu genießen. 

Hoffnung keimt auf. Wir nähern uns dem Ende … zwei Fragen noch.

Schieß los!

Welche Frage hättest du gerne beantwortet, wenn ich sie denn gestellt hätte? 

Booooh … welche Frage würde ich gerne gefragt worden sein … Man soll ja immer das sagen, was einem als erstes in den Sinn kommt …

Das wäre ein Ansatz. 

Okay, finde ich die Phase, in der wir uns befinden, gut oder schlecht für die Gastronomie? 

Und deine Antwort darauf wäre …

Ich persönlich erachte sie als gut. Ich weiß, dass da sehr viel Leid hinter steckt und sehr viele Schwierigkeiten. Einige werden daran scheitern, es wird Arbeitsplätze kosten … daran nehme ich ehrlich Anteil. Aber der Druck, der entstanden ist, hat uns alle zum Nachdenken gezwungen. Und je mehr Druck vorhanden ist, desto schneller müssen und werden Veränderungen greifen. 

Man kann die Hände in den Schoß legen und warten, man muss es aber nicht. Unsere Auszubildenden zum Beispiel werden möglicherweise in dieser Phase mehr lernen, als sie es im Normalbetrieb getan hätten. Wir nutzen diese Zeit, um sie noch gezielter zu begleiten. Wir haben die Idee des Azubikochens aufgegriffen und umgesetzt. Da geht es darum, die noch jungen Menschen mit dem positiven Spirit anzustecken, der diese Branche auszeichnen kann. Wo wir uns Zeit nehmen, coole Ideen entwickeln, umsetzen … und nachher den Gaumen darüber werten lassen. 

Klingt spannend. Können wir das begleiten, sprich: Impressionen dazu einfangen? Mir gefällt eure Art, dem Lockdown-Light zu begegnen. 

Sehr gerne, lass uns einen Termin mit Simon abstimmen, unserem Küchen-Direktor. 

Gesagt, getan: Die passenden Impressionen findet ihr auf den nachfolgenden Seiten … 

Der abschließende Fragen-Komplex: Du gehst in fünf Jahren in ein Restaurant, was es so noch nicht gibt. Jetzt folge mal nicht den Trends, sorry: den Entwicklungen … sondern nur deinem eigenen Gusto! Du kommst rein … welche Musik läuft da?

 Ein sehr chilliger Deep-House, mit ein paar Beats, die einen aufhorchen lassen, die einen vitalisieren und mitnehmen.

Wie wäre das Ambiente?

Wir wären in einem offenen, luftigen, größeren Raum mit hellen, echten Holzsäulen … wenig Beton … ich sehe sehr viel Echtholz. Ich sitze in einem Stuhlsessel, durchaus etwas Massiveres, wo man sich reinfläzen kann … aber auch nicht so tiefsitzend wie ein Chesterfield-Sessel. Dessen Höhe muss es mir erlauben, gemütlich essen zu können. 

Lichtdesign? 

Helles, indirektes Warm-weiß. Wenig Farbe, sehr reduziert. 

Was wäre die Kernkompetenz im Bereich Food – außerhalb von Pizza?

Die würde ich da auch nicht sehen. Pizza wird wohl immer mein Lieblingsessen bleiben. Aber in dieser Atmosphäre sehe ich Gemüse – und dies so  gut zubereitet, dass man nichts anderes vermisst … mit einer Aromatik, wo es Wumm macht. Ich liebe eine gewisse Schärfe … intensive Aromen. 

Die passenden Getränke wären?

Wein und vor allen Dingen alkoholfreie Begleiter. Damit meine ich keine Apfelsaftschorle. Da tut sich gerade einiges. Wo man darüber nachdenkt, welche Kräuteraromen jetzt zu dem Essen passen. Verspielte Konzepte wie z.B. sehr leichte Weine, selbstangesetzte Kombucha … aber nichts Dogmatisches. Will meinen, dass auch der gehaltvolle Rotwein zum Hauptgang seine Berechtigung hat. 

Gut wäre es, die Themen eher entspannt und informell zu spielen und nicht zu ideologisch.  

Aus einer gewissen Passion heraus hoffe ich, dass die Entwicklung der selbstfahrenden Autos rascher voranschreitet als die Entwicklung weiterer Non-Alkoholic-Drinks.

… sprachen sie und teilten den Rest aus der Flasche Vinho Verde.

So mein Lieber, Wir haben jetzt 18:25 Uhr, ich drücke auf Stopp. Das waren jetzt mehr als 90 extrem spannende, inspirierende Minuten. Danke dafür. Lass uns an den Herd gehen und den vorbereiteten Ramen ihr Finale gönnen!

Nach den genossenen Ramen fand Jan es an der Zeit, den Spieß (das Mikro) umzudrehen. 
Im PLATZHIRSCH #5 werden wir den Extrakt von „Jan fragt Roland“ zu Papier bringen. (rb)

Nele und Bruno in Action

Kitchen Impossible im Mahl & Meute.

Nachwuchsförderung in Zeiten des Lockdown II

Fotos: Kirsten Buß, Jens Wiegrink

bonfire

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