Der Hillary-Step

von | 13, 05, 20 | TITELSTORIES

Die Seilschaft von netgo und Waterland auf dem Weg zum Gipfel

„Bis zum Jahre 2024 wollen wir in die
TOP-10 der IT-Systemhäuser in Deutschland.“

Benedikt Kisner / CEO netgo

„Bei den Zukäufen konzentrieren wir uns
auf eine geografische Erweiterung, sowie auf eine Portfolio-Erweiterung,
um unseren Kunden noch mehr Lösungen und Services anbieten zu können“

Patrick Kruse / CEO netgo

12:00 Uhr, Borken, Weseler Straße 9

Wir nehmen einen Platz an einem High-Table im „Bonfire“ ein – dem Restaurant im fertiggestellten netgo-Basecamp. 60 Minuten Zeit bis zum zweiten Interview mit Benedikt (Bene) Kisner, einem der drei C-Level Managern der netgo group. 

Beim Lunchen gehen wir unser MindSet für das bevorstehende Gespräch durch. Gelingt es uns, die Lockerheit, die Unverkrampftheit des ersten Interviews zu duplizieren? Können wir den Humor-Pegel auf das damalige Niveau hieven? 

Wir sind gespannt darauf, wie weit uns Bene hinter die Kulissen und in seine Gedanken blicken lässt. Das wird maßgeblich dafür sein, ob wir abermals „business- unplugged“ über die Headline schreiben werden.

13:00 Uhr

Wir bauen unser Equipment in einem Meetingraum des Basecamp auf. Cappuccino findet den Weg an unseren Tisch und zwei Minuten später Bene – dem auffällt, dass er zufällig das gleiche Hemd trägt wie beim letzten Interview. 

#1 Bene, das macht nichts, ich habe auch das gleiche Leinenhemd an, wie damals. Das ist allerdings keine Kunst, weil ich echt viel von diesen Teilen habe. Ich halte es da mit Mark Zuckerberg und Steve Jobs, die auch kleidungstechnische Einsilber sind bzw. waren. Ich finde es echt praktisch, sich keine Gedanken über die Auswahl der Klamotten machen zu müssen. Außerdem trag ich die Teile meiner „Uniform“ extrem gerne.

Bene: Ich habe von diesem rosa-weiß- gestreiften Hemd nur ein einziges Exemplar. Ich werde es euch fortan widmen, wenn ich es anziehe. (Gelächter … Humorlevel ist auf altem Niveau justiert.)

#2 Unsere Headline aus dem PLATZHIRSCH #2 „Was haben acht Kilogramm Drogen mit der Gründung von netgo zu tun?“ ist natürlich schwer zu toppen. Aber der Inhalt unseres heutigen Interviews nicht minder spannend, oder?

Bene: In der Tat, bis heute liegen extrem spannende und ereignisreiche Wochen hinter uns. 

#3 Bevor wir einsteigen: Wir sollen dir ganz liebe Grüße von Monika Kraus-Wildegger ausrichten und deren Buch „Feelgood-Management“ mit Widmung überreichen. Die hat ein Zitat von dir aus dem PLATZHIRSCH #2 aufgriffen und in ihrem aktuellen Buch verarbeitet. 

Bene: Wie cool ist das denn, meine zweite namentliche Buch-Erwähnung!

#4 Ausgenommen von regelmäßigen Eintragungen im Klassenbuch, oder? 
(Schallendes Gelächter.)

#5 Das Interview mit Monika war einer der Beweggründe für unsere Hamburg-Story „Nur 48 Stunden“. 

Bene: Deswegen wart ihr also in Hamburg. (Facebook bleibt auch nichts verborgen!)

#6 Jepp … unter anderem. Die komplette Story findest du im PLATZHIRSCH #3. Wir sind dort im The George abgestiegen. Ich musste nach dem Einchecken noch etwas aus unserem Wagen in der Tiefgarage holen und stehe auf einmal vor Reservierungsschildern von Waterland. 

Bene: Genau, die liegen direkt dahinter. 

#7 Mal wieder ein Beispiel, wie klein die Welt sein kann und das das Leben manchmal echt bizarre Zufälle auffährt. Wir kommen gleich auf Waterland zu sprechen, damit auch die Leserinnen und Leser, die Bedeutung einsortiert bekommen. 

Bene: Die Begegnungen mit Waterland scheint somit für uns alle hier von Zufällen begleitet zu sein.

 

 

Das Basecamp

#8 Wir kommen gleich drauf. Lass uns kurz die Neu-Leser des Platzhirsch ins Boot holen. Ich hatte dich in unserem letzten Platzhirsch-Interview befragt, was ihr mit dem Namen „Basecamp“ verbindet. 

Bene Kisner:
(PLATZHIRSCH #2, Seite 43) Der Begriff kommt vom Bergsteigen. Das Basecamp ist das Basislager, die Plattform, von wo aus man zu höheren Zielen aufsteigt. Wohin man aber auch wieder zurückkommt. wenn es beim Aufstieg Probleme gab. Wo sich alle wieder treffen, wo die Crew ist, die unterstützt. 

Wir finden den Begriff Basecamp toll, und das spiegelt sich am Ende auch in der Architektur wieder. Es gibt nur aufsteigende Linien. Das war uns von der Symbolik wichtig. Wir wollen aufsteigen, aufstreben, wir wollen höhere Ziele erklimmen.

Anmerkung: Das war der Grund, warum wir zwei der drei vom netgo group Management Patrick Kruse und Benedikt Kisner für den Titel dieser Ausgabe vor einer solchen aufsteigenden Linie haben posieren lassen – bei echt ungemütlichem Wetter.

#9 Seit wann seit ihr hier mir eurer Mannschaft am Start?

Bene: Am 20.12.2019 hieß es: Tschüss Landwehr, hallo Basecamp, hallo Weseler Straße.

#10 Wir waren am 22.01.2020 zum AIW-Unternehmerabend hier bei euch im Basecamp. Du hast sehr offen eure Ziele, auch ziemlich ehrgeizige Umsatzziele kommuniziert. Du hast auch die Gelegenheit genutzt, die Waterland-Story anzureißen, sprich: dass ihr euch mit denen zusammengetan habt, um eure Ziele schneller zu erreichen – salopp gesprochen. 

Bene: Das ist richtig, das kommunizieren wir auch sehr offen. 

#11 Kannst du kurz bilanzieren: Was ist eurer derzeitiger Umsatz und wo wollt ihr hin? 

Bene: Im Jahre 2019 betrug unser Umsatz 85 Millionen Euro. Für das Jahr 2024 haben wir einen Umsatz von 500 Millionen in unseren Zielen verankert. Das steht fest bei uns im Strategie-Slide. Dazu haben wir Waterland als strategischen Partner beteiligt. 

#12 Ist das eine schöne Umschreibung für „wir sind übernommen worden, weil uns auf der Zielgeraden zur Fertigstellung des Basecamp die Puste ausgegangen ist“? Ich spreche lediglich das aus, was dort draußen gemunkelt und gemutmaßt werden könnte. 

Bene: Natürlich wissen wir, dass solche Gedanken aufkommen, dass solche Stories kursieren, aber das ist natürlich totaler Quatsch. 

#13 Wir hätten große Lust, einen solch komplexen und spannenden Prozess „unplugged“ mit dir zu rekonstruieren – also schnörkellos und ehrlich. 

Bene: Nur zu. Frag mich und du bekommst Antworten. Ich habe nichts zu verstecken.

 

 

Der Hillary-Step

#14 Bei mir poppt ein Bild auf, was das deutlich machen könnte. Tauchen wir ein in die Kategorie „Wer-wird-
Millionär-Fragen“ – auf ein Level, wo viele jemand Schlaueren anrufen müssten – ich auch … zumindest bis vor sieben Jahren. Da bin ich bei der Recherche zu einem Vortrag über diesen Begriff gestolpert – kennst du den „Hillary-Step“?

 

Bene: Nein, keine Ahnung.

 

 #15 Das ist eine zwölf Meter hohe, über 70 Grad steile Felsstufe direkt unter dem Gipfel des Mount Everest. Eine Herausforderung, die auch erfahrene Bergsteiger ohne fremde Hilfe eigentlich nicht schaffen. 

 

www.youtube.com

Wo man Sherpas benötigt, auf die man sich in dieser Höhe hundertprozentig verlassen kann. Habt ihr mit den „Sherpas“ von Waterland eine Seilschaft gebildet, um diese Herausforderung 500 Millionen Umsatz zu meistern?

 

Bene: Die Symbolik passt auf jeden Fall, ein schönes Bild sogar. Das gefällt mir.

 

#16 Jetzt ist der Begriff Seilschaft nicht nur positiv geprägt – zumindest jenseits des Bergsports. Aber lass uns das Ganze sportlich betrachten. Wie kam es dazu? 

 

Bene: Wie schon angedeutet … wie so oft im Leben war der Zufall der Haupttreiber dieser Geschichte. In der Phase, wie Patrick, ich und unserer Team uns Gedanken darüber machten, wie wir die nächsten großen Meilensteine erreichen können, kam Waterland ins Spiel. Sprich: Die haben bei uns angeklopft. 

 

#17 Ihr seid also angesprochen worden, oder wart ihr Suchende? 

 

Bene: Nein, wir haben nicht gesucht. Wir waren bis dato auch nicht empfänglich für solche Avancen. Um ehrlich zu bleiben, ich hätte das Gespräch mit denen wahrscheinlich sogar abgelehnt, wenn ich gewusst hätte worum es tatsächlich geht. Es war ein pures Missverständnis, dass wir überhaupt zusammensaßen. Ich war damals noch nicht so weit, solche Optionen in meinen Gedanken zuzulassen. 

 

#18 Dann gib diesem Zufall ein konkretes Bild. Wie kam es dazu?

 

Bene: Wir arbeiten mit dem Hersteller Swyx zusammen. Die machen Kommunikationssoftware für Telefonanlagen. Der Ralf Ebbinghaus aus dem Management der Unternehmensgruppe Enreach wozu auch Swyx gehört rief mich an und sagte: „Kannst du dich mit unserem Investor mal über den Systemhausmarkt austauschen?“ Ich habe gedacht, ich tue dem Ralf einen Gefallen und dass Waterland den Systemhaus-Markt einfach besser verstehen will, da Swyx ja darüber verkauft.

 

Der Herr von Waterland schrieb mich dann an und bedankte sich für meine Gesprächsbereitschaft. Er wollte dann eine Telko mit mir absprechen. Ich war zu der Zeit eh mit Patrick in Hamburg unterwegs und habe ihm angeboten, eben rumzukommen.
In diesem Termin ist uns dann deutlich geworden, worum es tatsächlich ging. Das war ein äußerst gutes und sehr angenehmes Gespräch. Danach begannen die Gedanken in unseren Kopf zu reifen. Das hat aber gedauert. 

 

#19 Bekommst du das zeitlich noch verortet? Wann war der Erstkontakt? 

 

Bene: Das war im März 2019. Am 01. Oktober 2019 haben wir dann unterschrieben.

 

#20 Komm, wir machen noch mal ein passendes Bild zu eurer Symbolik Basecamp auf. Wenn du Basecamp und Mount Everest auf YouTube googelst, dann siehst man auch Sequenzen, wo ein solches Lager nicht ganz so anheimelnd wirkt. Dann nämlich, wenn am Mount Everest eine Lawine abgeht. Je näher man dem Gipfel kommt, umso sicherer scheint es zu werden. 

 

Bene: Auch das ist ein durchaus treffender Vergleich zu unserem Denken und dem, was sich in der IT-Branche bewegt. 

 

 

Mythos Waterland

#21 Waterland, das klingt so groß, so mystisch. Sollen wir dem Ganzen mal ein Gesicht geben? Ich habe mir die Waterland-Webseite angesehen – dort ist das Team dargestellt. Mit wem hattet ihr da Kontakt? 

Bene: Wir haben dort mit zwei relativ jungen Investment-Managern zu tun – beide Anfang 30. Das war ganz angenehm, weil die vom MindSet her nicht so weit weg sind. (Schmunzeln macht sich breit. Sagt der mir gerade, dass ich alt bin?) 
Wenn jemand bislang vornehmlich in Stahlkonzerne investiert hat und zum Ende seiner Karriere auf ein agiles IT-Unternehmen angesetzt wird, dann funktioniert das nicht. Da prallen Welten aufeinander. Jetzt haben wir bei Waterland zwei junge smarte
Kollegen sitzen, die sich mit solchen Inhalten (Bene klopft auf das vor ihm liegende Feelgood-Management-Buch) identifizieren können. Das passt dann halt.
Ich habe dann angefangen, mich mit der für mich neuen Investoren-Welt zu beschäftigen – und da gibt es solche und solche. Waterland ist ein sehr angenehmer Partner, mit einem hervorragenden Ruf in dieser Branche. Das sind keine Heißdüsen. Die sind auch nicht übermäßig controlling- und reporting-gierig. 

#22 Aus unserem letzten Interview weißt du, dass ich gelegentlich ein wenig penetrant sein kann. Wie heißen die Jungens? 

Bene: Sorry, das hatte ich vergessen. (Schmunzeln.) Das sind Moritz Rutt und Florian Behrmann.

#23 Die stehen auch bei denen auf der Webseite – die ich übrigens sehr gut finde. 

www.waterland.de/de

Das scheint ein sehr gesunder Generationen-Mix zu sein, erfahren und agil. 

Bene: Jepp.

#24 Was ist denn das Kerngeschäft von Waterland?

Bene: Die sammeln am Markt das Vermögen von Privatleuten, von Pensionskassen, von Versicherungen, von Banken … also von allen möglichen Menschen und Institutionen ein und legen damit einen Fonds auf. In der Summe verwaltet Waterland derzeit sechs Milliarden Euro Eigenkapital. Dieses Geld investieren die wiederum als
Wachstums-Investor in andere Unternehmen – so auch in netgo.

#25 Du hast es angedeutet, der Begriff Investor ist ja nicht nur positiv belegt. 

Bene: Das stimmt. Dazu muss man zwischen Wachstums-Investoren und Restrukturierern unterscheiden. Letztere sind einfach medien-präsenter – dann zum Beispiel, wenn solche Investoren in die Karstadt-Stories dieser Welt eintauchen. Wo erst einmal die Hälfte der Häuser geschlossen und große Teile der Belegschaft freigesetzt werden, etc. Diese bad stories scheinen für die großen Medien irgendwie cooler sein. 

#26 Das Gute ist, dass du jetzt mit einem kleinen Verlag sprichst. Wir mögen Wachstumsstories. 

Bene: (Gelächter.) Waterland versteht sich als reiner Wachstums-Investor. Die investieren nicht in Unternehmen, die sich in einer Restrukturierung befinden oder wo es darauf hinauslaufen soll, das Unternehmen zu zerschlagen.
Die mögen erfolgreiche Wachstum-Stories. Sie stellen Eigenkapital zur Verfügung, um weitere Zukäufe tätigen zu können. Schritte, die man alleine nicht machen könnte. 
Gleichzeitig bringen die ihr Know-how im Aufbau von Unternehmensgruppen ein. Und dies ohne das Management, sprich: uns, mit Vorgaben zu gängeln. Das ist eine aus Erfahrungen gewachsene Beratungsleistung, die wir schätzen gelernt haben und für unseren Weg in Richtung Gipfel nutzen.

#27 Ist das eine dauerhafte Hochzeit?

Bene: Nein, es gibt klare Exit-Szenarien mit einem Zeitfenster von fünf bis zehn Jahren. 

In dieser Zeit soll sich deren Invest im Firmenwert vermehrt haben – das ist deren Geschäftsmodell. Der Vorteil an dem Modell ist, dass kein Geld aus der Firma gezogen wird während des Invests und auch bei Ausstieg nicht. Es steht also weiterhin für Wachstum und Investitionen zur Verfügung.

#28 Auf der schon angesprochenen Waterland-Webseite sind deren Investition transparent dargestellt. Da geht es ausschließlich um Trend- und Zukunftsthemen. Das könnte man auch als Auszeichnung verstehen, von denen angesprochen zu werden, oder? 

Bene: Das kann man so sehen. (Schmunzeln.) Es ist eine schöne Bestätigung für das, was wir tun, für unsere Strategie.
Ich hatte mich zwar inzwischen mit der Welt der Investoren beschäftigt. Die Wertermittlung für netgo war für uns so positiv und die menschliche Komponente passte einfach, da brauchten wir nicht durch den Markt schielen, uns weitere Optionen anzuschauen. 

Waterland ist für uns der ideale Partner.

Der Prozess

#29 Wie läuft denn ein solcher Prozess ab? 

Bene: Wir sind in diesem Prozess mit der Konditionsfindung gestartet, sowohl beim Ankaufspreis der Anteile, als auch der weiteren Investitions-Tranchen. Die weiteren Fragen waren: Wie arbeiten wir zusammen? Was sind die Bedingungen? Wie läuft später das Tagesgeschäft? 
Wir haben uns schon stark gegenseitig beschnuppert. Wie ticken die, wie ticken wir? Natürlich haben wir unser Netzwerk genutzt, um unser Bild von Waterland abzurunden. Da kamen ausschließlich Stimmen wie „hervorragend, guter Laden, die verstehen ihr Handwerk“.
Entscheidend war natürlich die Frage, was ist das Unternehmen netgo wert? 
Gegenstand der Verhandlungen waren die Firmenanteile der IT-Sparte – die Immobilien blieben außen vor. 

#30 Welcher Baustein aus diesem Prozess hat denn die meiste Zeit, die meisten Ressourcen in Anspruch genommen? 

Bene: Waterland hat eine ganz angenehme Prozessart. Die stecken in die Wertermittlung eines Unternehmens zu Beginn sehr, sehr viel Arbeit. Das dauerte bei uns ca. vier Wochen. Das Schöne bei denen ist, dass wenn sich alle Angaben in der späteren Kaufprüfung bestätigen, dieser Wert um keinen einzigen Euro
variiert. Das soll bei einigen Investoren anders sein. Die locken z.T. mit hohen Angeboten, die dann im Prozess bröseln. 

#31 Was waren die weiteren Schritte? 

Bene: Dann startet die sogenannte Due Diligence (DD). Dort werden Stärken, Schwächen und Risiken analysiert, also die eigentliche Kaufprüfung. Dort schaut man sich vier Bereiche an: Tax (Steuern), Finance (Finanzen), Legal (Recht) und Commercial (alle Business relevanten Themen).
In der ganzen Zeit habe ich ca. 20 Analysten und Berater kennengelernt und das Ganze in knackigen dreieinhalb Monaten.

#32 Wie konspirativ ist ein solches Unterfangen? 

Bene: Patrick und ich haben uns bis zum letzten Tag offengehalten, ob wir diesen Schritt tatsächlich gehen, ob wir über diese Linie laufen. Aus diesem Grund fand dieser Prozess ausschließlich im Verborgenen statt. Wir wollten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verunsichern.
Das war natürlich extrem anstrengend. Wir mussten unser Tagesgeschäft als IT-Unternehmen regeln. Gleichzeitig haben wir das Basecamp von der Planung bis zur Fertigstellung realisiert. Und dann hatten wir diese angesprochene Due Diligence an den Hacken, wo wir aus den geschilderten Gründen nichts abgeben konnte.
Da kam mir mein persönliches Arbeitszeitmodell als „früher Vogel“ sehr entgegen. Diese ganzen Analysten und Berater arbeiten bis spät in die Nacht. Wenn dann nachts um zwei Uhr Anfragen, Dokumentenanforderungen, etc. in meinem persönlichen Account landeten, konnte ich die zwei Stunden später abarbeiten. Dadurch war der Prozess relativ knackig, aber auch zermürbend. Ich habe in der Phase höchstens vier bis fünf Stunden pro Nacht geschlafen, bei einer Sieben-Tage-Woche. Das brauchst man nicht allzu oft in seinem Leben. (Gelächter.)

Wenn das dann durch ist, geht man in die Reports, die liest der Investor. Dann folgt die Vertragsgestaltung. Das ist in einem solchen Business relativ umfangreich. Das dauert auch einige Wochen, bis jeder Paragraph seinen richtigen Platz im Vertragswerk eingenommen hat. 

#33 Viele Kontakte werden also digital abgebildet. Wie seid ihr mit Präsenzterminen umgegangen? 

Bene: Wir haben uns in der ganzen Phase des Verkaufs der Unternehmensanteile nicht einmal in Borken getroffen. Wir haben am 01.10.2019 gesignt. Und am 14. Dezember waren die Waterlander zum ersten Mal bei uns in Borken. Bis dahin hat Waterland uns vertraut, dass es netgo auch real gibt und nicht nur auf dem Papier. (Schmunzeln.)

#34 Was trinkt man eigentlich, wenn man gesignt – … also den Vertrag unterzeichnet hat? Habt ihr das mal irgendwo sympathisch-angemessen gefeiert?

Bene: Das wird jetzt wahrscheinlich total langweilig. Es gab ein Sektchen oder Champagner beim Notar, wobei ich das auch nicht unterscheiden kann, obwohl ich mittlerweile auch Gastronom bin. Prickelwasser ist einfach nicht mein Ding. Doch nach den sechs Stunden Vorlesen des Vertragswerkes war sogar das trinkbar. (Gelächter.)
Abends waren wir dann mit den Ansprechpartnern von Waterland und mit den Anwälten noch was essen. Danach haben Patrick und ich uns in die Hotelbar vom Le Meridian begeben. Da haben wir dann mit Blick auf die Alster mit ein paar Moscow Mule angestoßen.

#35 Bei einem solchen Prozess, der ja auch für euch Neuland war, wen stellt man sich dann zur Seite? Von wem lässt man sich beraten? 

Bene: Den ganzen DD-Prozess haben wir alleine, sprich: ohne Berater abgewickelt. Ich glaube, so gut sollte man sein Unternehmen und dessen Business-Umfeld kennen, um das machen zu können. Das ist hart, weil die Analysten auch eine andere Sprache verwenden. Ich hatte parallel zu unseren Telefonkonferenzen immer Google auf – überlebensnotwendig, um die immer zu verstehen.

Für die Gestaltung des Vertragswerks brauchst du dann einen Spezialisten an deiner Seite – aus einer M&A-Kanzlei.

#36 … und jetzt in Deutsch, damit ich nicht Google strapazieren muss. 

Bene: M&A bedeutet Mergers & Acquisitions. Das sind Spezialisten für Fusionen und Unternehmenskäufe. Die sitzen klassischerweise in Metropolen. Unser Anwalt kam aus Düsseldorf.

Wirkung

#37 Was hat sich denn für euch in der täglichen Arbeit wesentlich geändert? Musst du weniger arbeiten, mehr arbeiten oder läuft alles unverändert weiter?

Bene: Ich arbeite anders als vorher. Wenn du mich fragst, ob das besser oder schlechter ist, kann ich das nicht mal genau beurteilen. Es ist halt anders. Ich bin vorher gerne zur Arbeit gekommen. Ich komme jetzt gerne zur Arbeit, um das mal festzuhalten.
Was wir nicht haben, sind Themen, wo ich denke: „was für ein Bullshit, das braucht kein Mensch“. Die für uns neuen Themen bringen durchaus Mehrwerte, weil wir jetzt noch genauer hinschauen. Wir haben durch die Beratung, die Impulse von Waterland, enorm an Klarheit und an Geschwindigkeit gewonnen.

#38 Wenn du dir jetzt mal Druckerpapier nachbestellen möchtest, tust du das oder musst du dafür jemanden fragen?

(Schallendes Gelächter, Kirsten fällt fast die Nikon aus der Hand.)

Bene: Ich darf sogar ganz große Dinge kaufen, ohne jemanden zu fragen. (Das Lachen ebbt nicht ab.) Natürlich gibt es eine Geschäftsordnung, die wir vereinbart haben. Das Setup, was wir bei deren Gestaltung aufgesetzt haben, war die Anzahl der „zustimmungspflichtigen Geschäfte“ pro Jahr. Wenn deren Anzahl gegen Null tendiert, sprechen wir zu wenig. Wenn wir davon zwanzig im Jahr haben, dann sind die Leitplanken zu eng. Passend zu uns und unserer agilen Entwicklung, stellen wir uns drei bis vier solcher zustimmungspflichtigen Gespräche im Jahr vor. 

#39 Was macht das denn so mit dem eigenen MindSet? Fühlt sich das anders an? Tickst du jetzt anders?

Bene: Also, ich bin hier vorher nicht durch den Laden gegangen und habe gedacht „geil – meine Firma!“, und das tue ich jetzt auch nicht. Ich mache das, was ich mache, unheimlich gerne und mit Leidenschaft, und das mache ich jeden Tag aufs Neue. Von daher hat sich vom Feeling für mich nicht viel verändert. Vielleicht bin ich noch ein wenig entspannter. 

#40 Was war dein größtes Learning in diesem Prozess?

Bene: Ich könnte fast jedem Unternehmer raten, in eine solche Due Diligence zu gehen. Ich habe noch nie in meinem Leben …

#41 … was ja noch nicht so lang ist …

(Schallendes Gelächter, als der Jungspund sprachlich zum Lebensweisen mutiert.)

Bene: Langsam wird es Zeit für meine Biografie … (Kann man von Cappuccino eigentlich betrunken werden? Wir blödeln rum wie nach ein paar Gläsern Wein.)
… eigentlich müsste man trotzdem damit anfangen, sonst vergisst man die ganzen Geschichten, die man erlebt hat.
Okay – zurück zum Thema. Ich habe in den letzten 13 Jahren noch nie so viel über das eigene Unternehmen gelernt, wie in dieser komprimierten Zeit. So eine DD ist einfach mal ein super Prüfstein, auch um zukünftige Risiken zu erkennen und bewerten zu können. Das ist bisweilen schon komisch, wenn man sich Fragen von Beratern ausgesetzt sieht, die nicht aus dem Business-Umfeld kommen, in dem wir uns bewegen. Die Fragen muten teilweise trivial an, und trotzdem bringen sie einen dazu, noch gründlicher nachzudenken.

Auf zum Gipfel

#42 Was darf man in Zukunft von euch erwarten? Gibt es veröffentlichungsreife Ideen, konkrete Schritte? 

Bene: Wann erscheint der PLATZHIRSCH #3?

#43 Ende April 2020. 

Bene: (Mit vielsagendem und zugleich nichtsverratendem Lächeln:)Unsere Branche befindet sich in einem großen Wandel – aber da erzähle ich euch nichts Neues. Man kann überlegen, ob man der Bewegung hinterherhechelt, ob man gar von ihr überrannt wird, oder ob man diese Bewegung von der Spitze aus mitgestaltet. Wir haben uns schon vor einiger Zeit dazu entschieden, zu letzteren gehören zu wollen. Diesen Weg werden wir mit unserem Partner Waterland weitergehen. Wir haben nach Signing zwei weitere Firmen gekauft. Die nächsten zwei DD’s laufen aktuell. Wir werden dieses Jahr hoffentlich noch ordentliche Sprünge machen auf dem Weg zum nächsten großen Meilenstein: 500 Millionen Umsatz im Jahre 2024.
Wir wollen für unsere Kunden der Digital-Game-Changer sein, der Spielregeln verändert. Wir mögen den Begriff, weil er sich auf viele Bereiche anwenden lässt – auch auf den Umgang mit Mitarbeitern. Da werden wir unsere Philosophie auch mit unserem Partner weiter verfolgen. Da geht es um Anerkennung und Wertschätzung. Was können wir da noch alles möglich machen? Unsere Kolleginnen und Kollegen sind die wichtigsten Personen in diesem Konstrukt. Wir bauen unser Unternehmen um die Mitarbeiter herum auf. Wir wollen groß sein, wir wollen professionell sein – aber auch agil und cool. Das steht genau so in unserem Strategie-Slide.

#44 Du hast vorhin in einem Nebensatz die Top 10 in eurem Segment angesprochen, dass es euer Ziel ist, in diese Liga aufzusteigen. Kann man dieses Ranking irgendwo nachlesen? Was muss ich bei Google eingeben? 

Bene: Top 10 IT-Systemhäuser. Platz 10 sind momentan 527 Millionen Umsatz im Jahr. Wir liegen da derzeit auf einem der vorderen Plätze in den 30-ern.

Kulinarisches

#45 Wir nähern uns dem Ende, lass uns noch kurz über dein neues Leben als Gastronom sprechen. Kirsten und ich haben gerade wieder echt lecker geluncht im „Bonfire“.

Bene: Habt ihr das Buffet genommen oder à la carte bestellt?

#46 Wir sind eher die Tapas-Besteller,
von daher mögen wir es, wie die Menschen aus dem „Bonfire“ uns eine Etagere mit verschiedenen, leckeren Geschichten an den Tisch bringen. Wir mögen extremst gerne die Drum-Sticks und Chicken-Wings mit der hausgemachten BBQ-Sauce, die Zigarre Bonfire und Dim Sum. Was muss es zum Lunch bei dir sein? 

Bene: Auf jeden Fall das Baba Ganoush mit dem Naan-Brot und im Hauptgang der Rostbraten mit der genialen Sauce. 

#47 Wie ist der Stand in Sachen Gastrogründerpreis für „Mahl und Meute“ im Schloß Raesfeld?

Bene: Leider haben wir es da nur unter die Top 10 gebracht, (noch) nicht aufs Treppchen. Im Grunde genommen war mir das klar, als wir uns der Jury vorgestellt haben. Man kann dort 10.000 Euro für eine Gastro-Erstaustattung und ein Coaching gewinnen. Die haben uns zu verstehen gegeben, dass wir beides nicht brauchen würden. Mein Satz „Wir wollen aber den Preis gewinnen“ hat wohl nicht vollends überzeugt. (Gelächter.)
Dann gehen wir denen nächstes Jahr halt mit dem „Bonfire“ auf den Keks, das habe ich denen auch schon angedroht. 

#48 Was ist noch wichtig, was muss noch raus? 

Bene: Der Schwenk in die Gastronomie macht auf jeden Fall echt Spaß. Unsere Anteile an der bongastro GmbH sind auch noch voll in den Händen von Jan, Patrick und mir. 

#49 Also, bei den Gemüsebestellungen kann keiner reinquatschen, um es mal zu verschlichten. (Gelächter.)

Bene: Nein, da bin ich je eher derjenige, der nervt … der operativ nicht verhaftet ist, aber immer Fragen stellt.

Baustellen-Gefährten

#50 Kommen wir noch mal auf den Unternehmerabend des AIW zu sprechen. Du hast dich an dem Abend persönlich bei Nadine und Sebastian Thies bedankt, eure Partner für die Ausstattung der Räumlichkeiten des Basecamp. 

Bene: Die beiden sind Freunde von uns. Die haben einen tollen Anteil an der Entwicklung des Konzeptes Basecamp.

#51 Was hat dir an dieser Zusammenarbeit imponiert?

Bene: Was viele von sich behaupten, aber nicht hinkriegen, ist die Ausrichtung auf den Kunden. Wie tickt der? Was will der erreichen? Was ist die Vision dahinter? Was  rauchen die wirklich? Das sind Fragestellungen, mit denen sich das Unternehmen Thies auf uns eingestellt und auf den Punkt auch abgeliefert hat.
Trotz unserer Freundschaft war ich am Anfang nicht auf Thies festgefahren. Ich habe mit vielen Einrichtern gesprochen. Sebastian stand wirklich im offenen Wettbewerb mit den anderen Unternehmen. Ich habe allen die gleiche Ausgangsbasis geboten und ein einheitliches Gespräch. Das Resultat war, dass Sebastian der Einzige war, der sich wirklich in uns als Unternehmen reingekniet und Lösungen entwickelt hat, die zu uns und dem, was wir tun, passen. Bei einigen Anbietern poppte die Frage in mir auf, ob wir wirklich im gleichen Raum gesessen haben, als ich unsere Erwartungen formuliert haben.

Nadine hat ein extrem gutes Design-Gespür. Das ist für einen solch detail-verliebten Menschen wie mich natürlich von unschätzbarem Wert. Dass der Sebastian die Nadine geheiratet hat, ist eine extrem clevere Fachkräftesicherung. (Gelächter.)

Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Thies hat einfach tadellos funktioniert: die Anlieferung, die Montage … das war einfach wohltuend zuverlässig. Wir sind gemeinsam nach München geflogen, um uns dort etwas vor Ort anzuschauen. Denen war keine Mühe zuviel. Das war von A-Z ein perfektes Gewerk.

Ausblick 

#52 Wir nähern uns dem Ende. Ich habe Nadine Thies auch das Feelgood-Management-Buch zukommen lassen. Sollen wir mal den Gedanken eines
Meetups mit der Autorin Monika Kraus- Wildegger hier im Basecamp aufnehmen?

Bene: Super gerne, das fände ich mega interessant.
(rb)

netgo Unternehmensgruppe GmbH

Weseler Str. 9, 46325 Borken
Fon: +49 (0)2861 808470
www.netgo.de