Kann denn Scheitern Sünde sein?

von | 23, 03, 20 | PLATZHIRSCH-BUSINESS

Heinrich Fritz Stellmach

Katrin Tersteegen

Cenk Eryilaz

Sven Hartke

Ein Team-Interview mit dem Generationen-Mix
der Sozietät Stellmach & Bröckers.

Mit einer Selektion des 19 köpfigen Teams trafen wir uns am High-Table im Büro von Heinrich Fritz Stellmach, den unheimlich viel mit Udo Lindenberg verbindet, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht so annehmen würde. Die nachfolgenden Zeilen sind der Extrakt des Teaminterviews mit Katrin Tersteegen, Cenk Eryilmaz, Sven Hartke und Heinrich Fritz Stellmach. 

Ein paar Appetithäppchen aus der kommunikativen Aufwärmphase: 

Ein Lieblingsspeisen-Buffet dieser Vier sähe folgendermaßen aus: Schnitzel vom Zigeunerbaron (Bocholt). Gulasch mit Paprika. Die Tortellini der Mutter von Cenk und Pasta in Sahnesouce. 

Wenn dazu die Lieblingstücke durch die Boxen wabern würden, wären dies: „Sailing“ von Rod Stewart. „Wonderwall“ von Oasis. Sampler vom DJ Robin Schulz und Electro House. 

Auf dem gemeinsamen Lieblingsbücher-Tisch würden landen: „Papillon“, die Biographie von Steve Jobs, „Die Geschichte der Philosophie“ von Richard David Precht und „The subtle art of not giving a fuck“. 

Für ein Date mit den Vieren dieser Runde müssten wir folgende Persönlichkeiten einladen – unabhängig von der realistischen Umsetzungsmöglichkeit: Julius Cäsar, Machiavelli, Lee Iacocca und Richard Gere.

Bekommt ihr ein Gefühl dafür, welch spannender Brainmix in diesem Team schlummert?

Weiß ein jeder im Team, wem welche Aussage zuzuordnen wäre? Okay, werden wir konkreter: Heinrich Fritz, weißt du, was du mit Udo Lindenberg gemeinsam haben könntest?
Heinrich Fritz Stellmach: Er ist genauso ein Freigeist wie ich. Er ist genau so kreativ wie ich. Vielleicht bin ich ihm noch überlegen? (Breites Schmunzeln macht sich auf allen Gesichtern breit). 

Das ist eine kecke Ansage. Der steht echt auf unserer Agenda. Wir möchten unbedingt ein Interview mit ihm führen. Und zwar nicht mit dem Musiker Udo, sondern mit dem Unternehmer Udo. Wie er sich business-unplugged vorstellt. 
Stellmach: Absolut, der verkauft sich selbst. Das habe ich gemeinsam mit ihm. 

Ich bin gespannt, wie er darauf reagiert, dass du dich für kreativer hältst als er. 
Stellmach: Das wird der verstehen (Schallendes Gelächter am Tisch). Mutig ist er auch. Das bin ich auch. 

Er hat vor kurzem gesagt, ich zitiere mal: „Nicht kürzertreten, sondern längere Schuhe anziehen.“
Stellmach: Kann man so sehen. 

Okay, wir haben uns warm geschmunzelt (feine, humorvolle Runde). Rein ins Thema: Für die Menschen da draußen, die keine Insolvenz-Erfahrung haben: Was sind aus eurer Sicht mögliche Ursachen für unternehmerische Schieflagen, für eine sich anbahnende Insolvenz? 
Katrin Tersteegen: Fehler im Management, wie z.B. das Festhalten an veralteten Verhaltensmustern. Fehlende Anpassungsfähigkeit, wie z.B. sich den Herausforderungen des digitalen Wandels nicht zu stellen. Probleme mit der Qualität. Fehlendes Kapital. Die Insolvenz des Auftraggebers. Fehlendes oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal: Morgen beraten wir eine Spedition (nicht aus der Region), die alles richtig machen, die zuverlässig sind und die möglicherweise wegen fehlenden Fahrern ins Straucheln geraten. 

Welche Verfahren drohen dann?
Tersteegen: Es gibt die Verbraucherinsolvenz – wenn also ein Privatmann seine Überschuldung nicht mehr gehändelt bekommt. Wenn ein Unternehmer in eine Schieflage gerät, dann gibt es zwei Verfahren. 
1. Die Regelinsolvenz, bei der ein Insolvensverwalter durch das Gericht bestellt wird.
2. Das Eigenverwaltungsmandat. 
Die zweite Variante wurde 2011 eingeführt – das ist auch unser Kerngebiet. Hierbei kann der Unternehmer die Zügel in der Hand behalten, sich selbst verwalten. Mit der Aufsicht eines Beraters – wie uns zum Beispiel. 

Ich habe bei der Recherche auf eurer Seite eine Passage gefunden, wonach es euer Ziel ist, den betriebswirtschaftlichen Gleichklang wieder herzustellen. Ich würde das so übersetzen, dass ihr dem Unternehmen helft, wieder in den Ruhepuls zu kommen. 
Tersteegen: Ja, das ist unsere Aufgabe.

Wenn man zu euch recherchiert findet man auf eurer Webseite einen Link zu einem spannenden Artikel, der euer verändertes Rollenverhalten deutlich macht. Da steht „Vom Pathologen zum Therapeuten“.  
Stellmach: Der Insolvenzverwalter alter Prägung ist der Verwalter, der vom Gericht beauftragt wird, ein zahlungsunfähigen Unternehmen zu betreuen. Er ist ein Abwickler, ein Vollstrecker. 

Wir verstehen uns als Berater eines schwächelnden Unternehmens. Daher sprechen wir in diesen Fällen von Mandanten. Im Regelinsolvenzverfahren spricht man von Schuldnern. Da wird auch schon deutlich, worin der Unterschied liegt. 

Jetzt habe ich gelesen, dass für ein erfolgreiches Sanierungskonzept drei Elemente wichtig sind: Geschwindigkeit, Konsequenz und Kommunikation.
Stellmach: Absolut, gerade die Kommunikation ist enorm wichtig. 

Ihr habt euch als Team neu aufgestellt, um solche Sanierungsprozesse effektiv zu begleiten. Wie darf ich mir das vorstellen, Heinrich Fritz, welche Berufsbilder finden wir in eurem Team? 
Stellmach: Für die Entwicklung eines Sanierungskonzeptes braucht man Erfahrung, das machen die Juristen in unserem Team, wie z.B. Katrin und ich. Als Berater vor Ort agieren vornehmlich die Youngster aus unserem Team. Die kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen, was auch gut ist, weil unsere Mandanten ja auch unterschiedlichen Branchen angehören. Sven hat einen starken […] Banken-Background, was wichtig ist für die Kapitalbeschaffung. Sven ist der Spezialist, um ein solides Finanzierungskonzept aufzubauen. Der kennt auch die Quellen für die Bereitstellung des Kapitals. Da gibt es mannigfaltige Quellen am Markt, mit denen Sven sich permanent beschäftigt. 

Cenk kommt aus dem Marketing- & Salesbereich. Der war über sieben Jahre Produktmanager im Adidas-Hauptquartier. Der ist absolut fit, was Markenkommunikation und Produktmanagement angeht.

Da würde man so wahrscheinlich nicht drauf kommen, solche Biographien bei einer solchen Sozietät anzutreffen. Aber es zeigt einfach, wie der Markt sich verändert. 
Stellmach: Das stimmt, und deswegen setzen wir unsere Teamplayer auch genauso ein. In der Kommunikation mit den Unternehmen vor Ort, ob Großkunde oder eher kleinere Kunden, da kannst du keinen Juristen gebrauchen. Da brauchst du diese Spezialisten. 

Sven, was macht den Reiz des Arbeitens in diesem Team aus, für dich als Youngster?
Sven Hartke: Was das Arbeiten hier so sympathisch macht, ist der angenehme Mix aus gewährter Freiheit und Unterstützung, wenn man diese braucht. Das setzt sehr viel Vertrauen der älteren Partner voraus. Die haben aufgrund ihrer Erfahrung einfach ein wahnsinnig gutes Gespür für Zahlen und Bilanzen. Denn Stellmach & Bröckers gibt es seit 1981.

Jetzt haben wir viel rausgearbeitet, was den Reiz eurer Sozietät ausmacht. Gibt es irgendetwas, was wir vergessen haben?
Hartke: Wir sind ein wahnsinnig gut aussehendes Team (Lautes Gelächter).

Damit das Ganze noch etwas griffiger wird: Ihr habt den Fall eures Mandanten Nya Nordiska auf eurer Webseite angeführt, man kann aber auch andere Quellen im Netz dazu recherchieren. Kannst du uns etwas dazu sagen, Cenk? Was ist die Story?
Cenk Eryilmaz: Nya Nordiska ist ein Textilverlag, der seit über 50 Jahren mit Stoffen im Bereich des Interieur-Designs handelt. Das Unternehmen bezieht Stoffe aus aller Welt und vertreibt diese international. Es gibt Tochtergesellschaften in Paris, Tokyo und in Como/Italien. Das Unternehmen lebt von vielen exklusiven Designs und ist eine große Marke in der Textilbranche. Zu dem Kerngeschäft zählen wir den Vertrieb über Raumausstatter und Inneneinrichter. Im Zuge der Sanierung haben wir uns dazu entschlossen, neue Absatzwege zu erschließen. Via eCommerce stellen wir dem Endverbraucher die Produkte zu Verfügung. Weitere Kanäle sind Objektgeschäfte. Wir platzieren die Produkte direkt bei Architekten in Hotels, bei Yachtausstattern, etc. 

Was sind die Effekte, die Ihr beobachtet? 
Eryilmaz: Auf die Menschen, die bei notleidenden Unternehmen in der Verantwortung stehen, lastet ein enormer Druck. In dem Moment, wo wir mit an Bord sind, können diese erst einmal aus der Schusslinie nehmen, um durchzuatmen, sich auf ’s Wesentliche zu konzentrieren. Und dann schauen wir partnerschaftlich nach vorne. Die Geschäftsleitung ist nach wie vor voll involviert. Sie hält die Zügel in der Hand. Nur ist erst einmal der Dampf raus – ein ideales Umfeld auf dem Weg zum Ruhepuls, um in diesem Bild zu bleiben.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit euch in Kontakt zu treten?
Stellmach: Je frühzeitiger, um so besser – viele kommen zu spät. Weil die Kapitalbeschaffung fast immer eine zentrale Rolle im Sanierungskonzept einnimmt, ist der Zeitfaktor enorm wichtig. Kapitalbeschaffung funktioniert nicht auf Knopfdruck. 

Es gibt keinen Zeitpunkt, der zu früh wäre – um zumindest einfach mal zu sprechen. (rb)