Mit Wertschätzung und Menschlichkeit erfolgreich in die Arbeitswelt von morgen

von | 15, 05, 20 | ALLGEMEIN

Werkstattgespräch

Mittwoch, 04.02.2020,
14:28 Uhr – Places Hamburg /
coworking & places to be

Ich drücke auf die Taste des Zoom-Mikros,
die ersten Geräusche sind das Eingießen des Wassers und der Auslöser von Kirstens Nikon, die gewohnt dezent um uns herumwuselt. 

#1 Monika, wie lange hast du an dem Buch gearbeitet? 

Monika Kraus-Wildegger: Vor ungefähr vier Jahren habe ich den Impuls von meinem Verlag bekommen. Die letzten zwei Jahre habe ich dann ganz intensiv an diesem Buchprojekt gearbeitet. 

#2 Dein Alter? 

Monika: Ich bin Generation „Wählscheibe.“ (Vielschichtiges Lächeln.) Vom MindSet könnte ich ein Millenial oder Generation Y sein, so ticke ich. (Schmunzeln.)

#3 Okay … das bietet genug Raum für Spekulationen und Recherchen. (Ich habe im Netz ein Siemens-Telefon aus Bakelit gefunden, mit einer Wählscheibe. Das stammt aus dem Jahr 1930. Am 15. November 1976 wurde das erste Tastentelefon vorgestellt. Monika dürfte demnach zwischen 44 und 90 Jahren alt sein. Das kommt dabei raus, meine Liebe, wenn man beim Alter rumzickt. (;-))))) Sag mal, Monika, wieso sitzen wir heute hier zusammen? Wie kam das zustande?

Monika: Euer PLATZHIRSCH kam einfach mal zu mir ins Büro, ihr habt ihn mir zugesandt. Ich konnte mit der ersten Ausgabe noch nicht viel anfangen, weil ich gesehen hatte, dass es ein Magazin für eine ganz andere Region ist.
Als dann die zweite Ausgabe kam, habe ich genauer reingeschaut. Ich fand das Interview mit Bene, einem Unternehmer mit einem MindSet, das als Impuls für mein Buch gut passte. 

(Wir zitieren von Seite 86 von „Feelgood-Management“:)

„Mitarbeiter müssen die Gelegenheit haben, das Unternehmen zu spüren und sich als Teil des Ganzen zu fühlen.“

Benedikt Kisner, Geschäftsführer des IT-Unternehmens netgo im Westmünsterland.
Ich fand es deshalb so spannend, weil netgo ein Unternehmen ist, das nicht aus dem urbanen Raum kommt, das nicht in einer großen Metropole angesiedelt ist. 

#4 Witzig war, dass ich dein Buch bestellt hatte, weil ich neugierig auf dein Unternehmen GOODplace und dein Buchprojekt war. Ich hatte es am 28.12.2019 angelesen, so meine Notiz auf Seite 3 dieses Buches.

Es gab schon reichlich zustimmende Textmarkierungen und Anmerkungen – Garanten dafür, dass ich ein solches Buch zu Ende lese. Ich hatte mich mittlerweile bis zur Seite 53 „Eine Frage des Vertrauens“ vorgearbeitet, als Kirsten mir am 14.01.2020 eine Mail von deinem Verlag vorlas, die sie zunächst nicht zuordnen konnte. Die fragten an, ob wir ein Belegexemplar wünschten, da der PLATZHIRSCH dort als Quelle benannt war – was wir bis dato nicht wussten.

Die Gelegenheit haben wir genutzt und ein Werkstattgespräch, ein Autoren-
Interview mit dir angeregt. Das ist unser Motiv, warum wir heute hier sitzen und mit dir in deine Story und in dein Buch eintauchen wollen. Starten wir mit ein paar Schnipseln aus deiner Vita.
 

Monika: Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert. Danach habe ich in einigen Unternehmen in diesem Themenfeld gearbeitet – im Team als einzige Kollegin unter

Informatiker-Kollegen. Ich habe zum Teil großartige Führungskräfte erleben dürfen. Ich hatte auch gemerkt, dass ich in die Teams etwas einbrachte, das sie bis dato nicht hatten. Das waren emotionale, zwischenmenschliche Aspekte. Ich wollte dann im Bereich Wirtschaft noch mal eins draufsetzen und habe Volkswirtschaft studiert – weil ich gerne das große Ganze sehe. 

Noch einiger Zeit bis ich nach China gegangen, mit meinem Mann. Meine Aufgabe in einem internationalen Konzern war es, mich vor Ort für menschenwürdige, soziale Arbeitsbedingungen einzusetzen. Da ging es um das Thema Nachhaltigkeit für so große Label wie Disney, Nike, Adidas, etc. All unsere großen Marken lassen ja dort fertigen. Wir haben dort viele Trainings gemacht und ich habe gesehen, dass wir mit unserer Arbeit wirklich etwas bewegt haben – was meine Triebfeder schlechthin ist. Wir haben dort Capacity Building mit den Menschen der lokalen Herstellungsbetriebe betrieben – also: stärke deren Bewusstsein und befähige sie, selber Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

#5 Seit wann seid ihr wieder hier?

Monika: Wir sind 2007 zurückgekehrt. Ich habe zunächst noch für meine alte Company gearbeitet. Ich musste sehr viel reisen und irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass ich dort nicht mehr so viel bewegen konnte. 2012 habe ich dann GOODplace gegründet. 

#6 Wir kam es zum Wording GOODplace?

Monika: Ich hatte festgestellt, dass es in Deutschland ein Vakuum gab, die Plätze des Arbeitens zu denken und zu gestalten – und zwar aus der Sicht der Mitarbeiter und ihrer menschlichen Bedürfnisse. 

#7 Schlagen wir den Bogen zum Buch. Was ist ein Feelgood-Manager? Gibt es dafür eine Definition? 

Monika: Der Feelgood-Manager ist ein Kulturgestalter für menschliche, wertschätzende Arbeitswelten. Es geht darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das sich durch einen Wertekanon auszeichnet. 

#8 In deinem Buch steht zu lesen, dass wir 70.000 Stunden Lebenszeit in unseren Arbeitsumgebungen verbringen. Du schreibst davon, dass die Millenials ein vollkommen anderes Bewusstsein dazu haben als wir „Wählscheiben-Kinder“, oder? 

Monika: Ja, in der Tat, die gehen nicht mehr nur arbeiten. Die wollen mehr. Generell gilt es, Räume zu schaffen, eine Kultur zu ermöglichen, die eine größtmögliche Identifikation und echtes Engagement für das Unternehmen möglich macht. 

#9 Sprechen wir über Leadership. Wenn wir uns das optimale Unternehmen vorstellen, wo wir eine solche Feelgood-Kultur in Reinform vorfinden … welchen Anteil hat das Verhalten der Führungskräfte?

Monika: Lass uns mal zwischen Führung und Leadership unterscheiden. Führung ist eher verwalten. Leadership ist Haltung – ist Vision. Feelgood-
Management erfordert echtes Leadership. Auf welchen Weg wollen wir uns begeben? Wie nehmen wir unsere Mitarbeiter mit auf diese Reise, wie binden wir sie ein? So wächst etwas, was jedem im Unternehmen gehört. 

Ich war vor kurzem beim Unternehmen F+P in Leipzig. Dort wurde ein Werte-prozeß aus dem Feelgood-Management heraus entwickelt, weil die bisherigen Werte nicht mehr scharf genug waren. Dies Unternehmen hatte sich stark verändert und war mittlerweile auf zwei Standorte gewachsen. Für diesen Prozess haben die sich ein Dreivierteljahr Zeit eingeräumt. Es wurden gemeinsam mit den Mitarbeitern Kernwerte identifiziert … und diese großartig visualisiert. Die sind nicht plakativ, sondern greifbar und zu ihnen passend. Die Menschen dort erzählen mit leuchtenden Augen von ihrem Unternehmen. 

www.fp.de/was-wir-bieten/auf-einen-blick

#10 Werteprozess … du sprichst mir aus der Seele. Aus meiner Erfahrungswelt habe ich folgenden Gedanken entwickelt: 

Menschen haben eine Ur-Sehnsucht nach Vertrauen, Wertschätzung, Respekt und Menschlichkeit. Das gilt für Beziehungen, aber auch für Führungsbeziehungen. Wieso können wir uns 12-stellige Handynummern merken, aber nicht diese vier wesentlichen Werte, die eine Führungskraft auszeichnen sollten? Bekommst du ein Gefühl dafür, warum sich mein Gehirn mit deinem Buch so wohl fühlt? Meine Erkenntnisse haben sich zwischen 2007 und 2011 herauskristallisiert. Jetzt sind wir neun Jahre weiter, und die Themen haben an Relevanz nicht verloren. Auch die Digitalisierung lässt sich nicht ohne diese Werte denken.

Du schreibst von Bodo Jansen und seinem Projekt „Die stille Revolution“ – da geht es um die Themen Wertschätzung und Menschlichkeit. Wir sprechen gleich noch über Reinhard K. Sprenger zum Thema Vertrauen. 

Monika: Spannend, oder? Diese Themen werden nie outdatet sein. Das ist das Wesentlichste in unserer Lebenszeit – im Beruf, im Verein, in unseren Familien. Das gilt so universell und ist extenzieller denn je. Die Märkte entwickeln sich extrem volatil … sie sind mega in Bewegung. Jetzt zählt vor allen Dingen Speed, um dort draußen erfolgreich zu sein. Und Speed erfordert diese Feelgood-Werte, um sich rasch zu entwickeln mit der Mannschaft. Und dazu braucht es diesen menschlichen Ansatz.

Da geht es nicht um Gutmenschentum, da geht es um das Ausschöpfen unserer Potenziale. Da geht es um Idee, um Kreativität, um kristallines Erfahrungswissen. Das ist ein anderes Setting, als der klassische 9-to-5-Job, der vom Schauen auf die Uhr in Richtung Feierabend geprägt ist. 

#10 Manchen Unternehmern kann man den Sinn für den Invest in Feelgood-Management möglicherweise über Zahlen näherbringen. Ich habe folgende Passage in deinem Buch gefunden: „Unzureichende Führung kostet die deutsche Wirtschaft bis zu 105 Milliarden Euro im Jahr – so hoch sind die Verluste durch innere Kündigungen der Mitarbeiter.“

Monika: Das stimmt, wobei ich selbst nicht gerne abstrakte Zahlen mag. Diese Zahl ist so groß, so abstrakt und damit so weit weg. Sie löst keine Emotion, keine Handlung bei Führungskräften aus. Ich schaue immer gerne auf Zahlen, die etwas näher dran sind. Wir haben derzeit nur 15% der Mitarbeiter mit einer hohen emotionalen Bindung ans Unternehmen. 

#11 Da reden wir über die Gallup-Studie …. 

Monika: Genau. Da gibt es dann noch 70% Mitarbeiter, die schweigen. Die zeigen wenig Engagement und Eigeninitiative. 

#12 Das müsste doch die Zielgruppe sein, die ich mit Feelgood-Managent ins Visier nehmen sollte, die ich erreichen könnte, oder? 

Monika: Das stimmt, aber es geht auch darum, diese 15% Hoch-Engagierte genau zu kennen. Denen muss ich Türen öffnen, ihnen Freiräume zum Experimentieren geben. Ich brauche sie und ihre Ideen für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Die anderen 70%, die muss ich auch anschauen. Diese Menschen geben im Schnitt nur 30% ihrer möglichen Leistung ab. Die fahren mit angezogener Handbremse. Man hat aus seiner Sicht vielleicht alles getan, wie z.B. Boni, Diensthandy, Geschäftswagen und all die anderen Standard-Goodies, die wir so kennen – vom Obstkorb bis zum Kicker. Doch das ist heute nicht mehr genug. Ich muss die Mitarbeiter anschauen, ihnen zuhören, ihnen Feedback geben, sie wertschätzen. Da geht es um Sinn, um Mitgestalten … um die Aufhebung des Gefühls „nur ein ganz kleines Rädchen im Getriebe“ zu sein.

 Um rauszubekommen, warum sich Menschen emotional nicht verbunden fühlen, muss ich die Gretchenfrage stellen: 

„Was brauchst du, um hier einen guten Job machen zu können?“

Allein schon diese POWERFRAGE zu stellen, löst enorm viel aus. Man geht damit auf die Menschen zu, und das merken die auch. Diese Frage impliziert ja auch das Nichtwissen des Leaders und das ernsthafte Interesse, das zu erfahren, was die MitarbeiterInnen wirklich benötigen. 

#12 Die Antworten, die dann kommen, erzeugen auch ein anderes Commitment. Wenn ich etwas äußere und das wird erfüllt, bröseln die innerlichen Argumente dafür, einen Teil meiner möglichen Leistung zurückzuhalten.

Lass uns noch mal zu den 15% der Hoch-Engagierten schauen. Ich möchte abgleichen, ob sich unsere Erfahrungen ähneln. Unternehmen und Organisationen neigen dazu, diesen hoch intrinsisch motivierten Menschen noch mehr Arbeitspakete auf die Schultern zu packen – weil die ja so gut sind. Statt denen die Freiräume zu geben, wie du es vorhin erwähnt hast, werden sie an den Abgrund der Überforderung gedrängt. Nicht selten findet man diese dann irgendwann bei den 70% wieder … im schlimmsten Fall sogar bei denjenigen, die am Ende der Skala stehen – den Menschen, die gar keine Bindung mehr zum Unternehmen haben. Die eigentlich nur noch da sind, weil das Essen in der Kantine ganz okay ist. 

Monika: Ich weiß genau, was du meinst. Diejenigen, die um ihren Wert wissen, verlassen dann möglicherweise das Unternehmen – Millenials auf jeden Fall – die lassen sich das nicht bieten. Ältere Semester versuchen, irgendwie durchzuhalten. Sie verfallen zum Selbstschutz in eine Art „Dienst nach Vorschrift“. Das schadet beiden Parteien. Nicht selten erkranken sie ernsthaft. Weil der Körper das sagt, was ihr Mund sich nicht traut … nämlich NEIN. Sie fallen aus – und das meistens sehr lange. Die Führungskräfte müssen dann damit klarkommen, dass sie wissentlich Menschen haben ausbrennen lassen.

Das hat es früher in Familienunternehmen nicht gegeben. Das ist in der Regel auch heute noch so. Die zehren von einem traditionell gewachsenen Reservoir von Werten – von gelebten Werten. Die wissen auch, wie sich diese anfühlen. 

#13 Ich würde jetzt gerne mit dir in den Wert VERTRAUEN abtauchen. Ich habe in der Einleitung zu deinem Buch von High-Trust-Ländern gelesen, zu denen vernehmlich die skandinavischen Länder zählen. 

Monika: Ja, genau … das hat Maike van den Boom im Vorwort geschrieben. 

#14 Schlagen wir den Bogen zu High-Trust-Companies. Fallen dir spontan Unternehmen ein, wo Vertrauen exzellent gelebt wird? 

Monika: Ja, natürlich. Zum Beispiel Jimdo, die Webseiten im Baukasten anbieten. Die begleite ich schon lange. Jimdo wurde mit dem Hamburger und Deutschen Gründerpreis ausgezeichnet. Das war das erste Unternehmen, was aus dem Silicon-Valley heraus einen Investor gefunden hat – ein Novum. 

Aber auch die Outdoor-Marke Vaude, die haben eine echt tolle Unternehmenskultur. Deren Geschäftsführerin Antje von Dewitz sagt: „Ich habe viele Bälle in der Hand, mit denen ich jonglieren muss. Wenn ich nachhaltig und mit Werten führen will, kann ich diese Bälle nicht mehr alleine jonglieren. Da braucht es Menschen, die mitjonglieren.“

#15 Du zitierst in deinem Buch auch Reinhard K. Sprenger. Dessen Werke „Aufstand des Individuum“ und „Vertrauen führt“ haben mich im Jahre 2002 für das Thema Führung angefixt. Diese Bücher durchleben für meinen Geschmack eine Renaissance – obwohl … eigentlich haben sie nie an Aktualität verloren, oder? 

Monika: Reinhard Sprenger hat sich mal in einem Interview eher negativ über Feelgood-Management geäußert – allerdings gab es da mein Buch noch nicht. (Schmunzeln.) Da war das Thema noch sehr jung und in der Entwicklung – und wurde häufig auf das Bälle-Bad von Google reduziert. Ansonsten finde ich ihn großartig … insbesondere auch sein Werk „Radikal Digital“. Die Herausforderungen der Digitalisierung reduziert er auf drei Kernaufgaben für Führungskräfte: Kunde – Kooperation – Kreativität. Da greift er genau die menschlichen Fähigkeiten wieder auf und sagt, dass der Mensch in Vergessenheit geraten ist.

Für mich persönlich ist er wichtig, weil sein Denken von Leadern anerkannt wird. Auch von Menschen, die das Thema Feedgood-Management nicht so auf dem Radar hatten. Ich sehe ihn als unermüdlichen Kämpfer, um immer wieder, teilweise auch unbequem und provokant an Führung zu erinnern.

Man kann aber als Führungskraft diese Komplexität nicht auf eine Schulter packen. Um das Führungsverhalten in einem Unternehmen zu verändern, brauchst du Unterstützer … insbesondere, wenn du agil führen willst, wenn du noch mehr
Dynamik entwickeln willst … im Sinne von Speed. Ich kann dann nicht mehr alles alleine machen – ich muss mitführen lassen. Ich muss mir ein Unterstützer-Netzwerk aufbauen. Da gehört vielleicht ein Coach dazu, für mein eigenes Führungsverhalten. Da gehört vielleicht der Scrum-Master dazu, der die Teams befähigt, selbstorganisiert ihre Ziele zu erreichen. Und es gehört der Kulturgestalter dazu, das ist der Feelgood-Manager. 
Und weil die Welt dort draußen so komplex ist und schnelle Antworten erfordert, kann ich dies nicht mehr alleine treiben. 

#16 Wie haben sich die Laufwege von Bodo Jansen und dir gekreuzt? 

Monika: Dem Bodo Jansen bin ich begegnet, als er seinen Film „Die stille Revolution“ vorgestellt hat. Da war ich bei seiner Preview in Berlin. Wir haben gesprochen. Er hat damals ein Tabu gebrochen und dies in diesem Film dokumentiert. Er hatte ein grottenschlechtes Feedback von seinen Mitarbeitern bekommen und bilanziert, dass er keine gute Führungskraft ist. Er ist dann ins Kloster zu Pater Anselm Grün gegangen und hat versucht, mit dessen Impulsen seinen Weg zu finden. Unsere Begegnung war zu einer Zeit, als ich realisierte, dass Führung/Leadership die entscheidene Stellschraube im Feelgood-Management ist. Dafür brauchst du eine Haltung in der Führungsmannschaft.

Bodo Jansen ist für mich ein Role-Model für ein anderes Denken über Führung, so wie auch der Fabian Kienbaum. Der sagt: „Ich bin kein Chief-Executive-Officer, sondern ein Chief-Empowerment-Officer.“

#17 Kommen wir zurück auf den Feelgood-Manager. Ist das ein eigenständiges Berufsbild, ist das eine Qualifikation, kann man das als Zugleich-Aufgabe machen? 

Monika: Wir von GOODplace bieten Beratungen für Unternehmen, Qualifizierungen zum Feelgood-Manager und Feelgood-Communities an. Das ist ein Dreiklang, der Feelgood und Wertschätzungskultur-
Gestaltung nachhaltig in Unternehmen verankert. Dazu braucht es eine Ausbildung zum Kulturgestalter, die ich als berufsbegleitende Feelgood-Manager-Ausbildung entwickelt habe. Das Berufsprofil des
Feelgood-Managers als Kulturgestalter habe ich mit dem Fraunhofer-Institut im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt. 

#18 Wer ist denn die Zielgruppe für diese Ausbildung? 

Monika: Idealerweise Menschen, die bereits in dem Unternehmen sind und dort eine von den Mitarbeitern und der Führung getragene Vertrauensposition einnehmen. Teilweise sprechen uns Menschen aus solchen Positionen selbständig an und teilweise werden sie auch durch die Führung des Unternehmens angeschubst … im Sinne von „Das wäre was für dich. Möchtest du dich weiterentwickeln?“ 

Das können Assistenzen der GF, Office Manager, Angehörige der HR, interne Coaches und Führungskräfte sein. Wie z.B. ein Filialleiter einer Hamburger Sparkasse. Oftmals sind das Menschen, die, nachdem sie sich mit uns beschäftigt haben, sagen: „Genau das ist mein Ding. So führe ich oder so möchte ich führen.“ Manche stellen auch fest, dass dieses Denken mit ihrer derzeitigen Unternehmensführung nicht in Einklang zu bringen ist, und verlassen aus diesem Grund die Firma.

 Wichtig ist auch zu wissen, dass sich eine solche Ausbildung nicht direkt nach dem Studium anschließen sollte. Kulturgestaltung ist ziemlich komplex, da bin ich in ziemlich vielen Spannungsfeldern unterwegs. Dazu bedarf es auch Erfahrungswissen. 

#19 Was dürfen wir uns da als Zeitfenster vorstellen? 

Monika: Das sind insgesamt sechs Monate. Darin gibt es drei Präsensphasen von jeweils zwei Tagen, hier in Hamburg, wo die zukünftigen Kulturgestalter sehr viele Impulse bekommen.

Wir befähigen sie – parallel im Rahmen ihrer Facharbeit – ins Doing, ins Machen, in die konkrete Umsetzung zu kommen. Dort arbeiten sie sehr agil, sehr selbstgesteuert. Sie entwickeln ein Feelgood-Management-Konzept, einen Fahrplan passend für ihr Unternehmen, und gehen mit unserer Unterstützung in die Umsetzung. Das fängt meistens mit einer Befragung im Unternehmen an: „Wo sind wir gut aufgestellt? Wo gibt es noch Luft nach oben?“ 

Das sind die ersten Schritte während der Ausbildung. Da gibt es auch Peer-Groups, Teilnehmer arbeiten nicht alleine, sondern in Gruppen von Gleichgesinnten, die sich allesamt mit dem Thema Feelgood-Management weiterentwickeln. An deren Ende haben die Absolventen eine klare Idee davon, wie es jetzt weitergeht, was die nächsten Schritte sind.  Denjenigen, die das derzeit nicht bei ihrem Unternehmen umsetzen können, die aber dennoch dafür brennen und dies als Baustein für ihre persönliche und berufliche Weiterentwicklung sehen, denen empfehlen wir dies im Rahmen einer Hospitanz bei einem anderen Unternehmen umzusetzen. Wir haben beste Erfahrungen damit gemacht. Das ist ein Win-Win für beide. Daraus sind auch schon dauerhafte Anstellungen erwachsen. Da haben sich Menschen als Quereinsteiger einen Job generiert, bei einem Unternehmen, das bereit dazu war. 

Die Absolventen entwickeln sich in unseren Communities weiter – sie leben vom Austausch untereinander, den wir anstupsen. Diese Communities gibt es derzeit in Berlin, Leipzig, Nürnberg, München, Frankfurt, Hamburg, Köln und Stuttgart. Wir initiieren viermal im Jahr in jeder Region sogenannte Meetups und einmal im Jahr für alle Feelgood-Manager ein GOODplace-Camp hier in Hamburg. 

#20 Wieviele habt ihr bislang ausgebildet? 

Monika: Ca. 300 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Die wirken jetzt alle in ihren Unternehmen und wenden ihr erlerntes Wissen an. Was glaubst du, wieviel von dem vermittelten Wissen in klassischen Fortbildungen tatsächlich in der Arbeitsrealität ankommt, sprich: angewandt wird? 

#21 15 Prozent? 

Monika: 10 Prozent sind es im Durchschnitt. Das bedeutet, dass der ganze Invest wie Zeit, die Gebühren, die Reisekosten, der Ausfall am Job, denn irgendeiner muss ja in der Zwischenzeit deine Arbeit machen, dass das alles eine eher mäßige Rendite hat. 

Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Absolventen nachher sicher sind in dem, was sie tun, und den Unternehmen einen echten Mehrwert bieten. Deshalb ist die Praxisarbeit, ein maßgeschneidertes
Feelgood-Management-Konzept zu erarbeiten, so wertvoll für den Wissenstransfer der Ausbildung. 

#22 Was ist der Invest? Was kostet mich oder das Unternehmen diese Ausbildung? 

Monika: 4.500 Euro netto für die Fachausbildung zum Feelgood-Manager. Wir bieten auch 2-tägige Kurse und andere Maßnahmen zum Reinschnuppern an. Da schaut man am besten auf unsere Webseite. 

#23 Jetzt kennst du inzwischen unser Revier. Was wäre die nächste Community für Interessierte aus unserer Region? 

Monika: Das wäre zum einen der Standort Bielefeld. Dort haben wir ein tolles Unternehmen, das ich sehr gerne mag und schon sehr lange kenne. Das ist die Firma Comspace – eine Digital-Agentur. Großartiges Leadership dort. 

#24 Die kommen uns bekannt vor. Die setzen ein technisches Tool ein, wie wir im letzten Jahr bei einer Veranstaltung unseres VdU im Autohaus Herbrand erfahren haben. Es ging um die Vernetzung von Mitarbeitern in größeren Unternehmen. Quasi ein internes FaceBook bzw. Instagram. 

Monika: Genau, das ist eine Ausgründung bzw. ein StartUp von Comspace. Das Tool heißt „Talee“ (https://talee.de) – eine tolle Geschichte. 

 In Düsseldorf entwickelt sich gerade etwas. Wir gehen gerne dahin, wo Unternehmen sind, die diese Feelgood-Bälle aufnehmen, die dafür empfänglich sind. Dort machen wir dann Meetups von 18:00 bis 21:00 Uhr. Wir wäre denn der Gedanke, das auch mal in eurem Revier zu machen? 

#25 Das klingt gut. Lass uns diesen Gedanken gerne in eine konkrete Umsetzung bringen … Was muss am Ende noch raus? 

Monika:

Glückliche Mitarbeiter arbeiten besser. 

Und: 

Die Kultur bestimmt den Erfolg eines Unternehmens. 

#26 Apropos Glück: Danke für den Hinweis auf den TED-Talk zum Thema Glück in deinem Buch, den wir hier gerne mit unseren Leserinnen und Lesern teilen: 

Was ist ein gutes Leben? Lehren aus der längsten Studie über Glück.

www.ted.com

Kennt ihr diese Situationen, wo man Menschen zum ersten Mal trifft und trotzdem das Gefühl hat, dass man schon ziemlich lange mit den gleichen Gedanken unterwegs ist? Denk-Gefährten halt. Monika ist für mich ein solcher Mensch. Unser Gespräch erinnerte ein wenig an „Schiffe versenken“, so oft trafen sich Thesen, Argumente und Beispiele. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in Hamburg oder auf ein GOODplace hier im Revier! 
(rb)

GOODplace Monika Kraus-Wildegger

Stadtbahnstrasse 132c
22391 Hamburg
Telefon: +49 (0)40-41 629 650
www.goodplace.org