Auf ein Glas Whisky mit Han Hilderink
Wie geht es euch beim Thema Whisky? Wo würdet ihr euch einsortieren:
Freak, Passionist, Kenner, Neugieriger, Gelegenheitstrinker, Ahnungsloser oder Nicht-mein-Ding-Denker?
Bis vor ca. 20 Jahren gehörte ich der letzten Fraktion an. Ich bildete mir ein, immer noch den Kopfschmerz zu spüren, den die mit Freunden geteilte Flasche Johnny Walker in mir ausgelöst hatte. Whisky hatte ich fast 20 Jahre unter Jugendsünden verbucht – ich war durch mit diesem Thema.
Bis ich im Rahmen einer Weinverkostung bei einem größeren Getränkehändler im Ruhrgebiet dessen respektable Whiskyauswahl erspähte. Dort schlich ein sehr betagter Kunde um die Flaschen. Der Typ wirkte irgendwie interessant. Die Lebens- und Whiskyerfahrung leuchtete aus seinen Augen. Ich begab mich in seine Nähe und nahm eine Flasche Whisky prüfend in die Hand. Er schaute rüber und begann ein Gespräch. Er schien zu merken, dass ich keine Ahnung hatte und so wärmte er mich mit kleinen Stories für das Thema an. Ich lernte, dass ich unbedingt ein paar Tropfen Wasser in das eingeschenkte Glas geben müsse. Ich sollte vor dieser Zeremonie unbedingt am Glas gerochen und einen kleinen Schluck probiert haben. Es gäbe kein Getränk auf diesem Planeten, was durch die Zugabe dieser wenigen Tropfen Wasser derart seiner Charakter verändern würde. Was sich vorher kantig und brennend anfühlte, würde sich in eine wohlig-runde, aromatische Wärme im Mundraum verwandeln.
Der alte Herr konnte das so schön und sanft begeistert beschreiben, dass ich reanimiert für Whisky war. Ich wollte von dem Mann wissen, was denn ein guter Einstiegs-Whisky sei und welcher Tropfen wirklichen Freaks Freude machen würde.
Ich verließ den Laden mit zwei Flaschen. An den Einstiegs-Tropfen kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber der Freak-Tropfen war ein 16 Jahre alter Lagavulin von der Insel Islay. Zu Hause saß ich mit meinem Freund Jürgen vor diesen beiden Flaschen und einem kleinen Krug Wasser. Wir folgten der Zeremonie, die der alte Herr empfohlen hatte.
Umgehauen hat uns beide der Lagavulin. Wir haben ca. 20 Minuten gebraucht, uns darauf zu einigen, woran uns der Geruch dieses Tropfens erinnert: „Der riecht, als wenn man einen eingeschweißten Räucherspeck aufreißt.“ Wir waren uns sicher, dass Whiskykenner ein anderes Wording benutzen würden, aber es ging ja nicht um Worte, sondern um Geruch und Geschmack.
Dieses Erlebnis war so bedeutend und emotional prägend für mich, dass ich mir diese Erinnerung bisweilen gerne zurückhole – an der Bar eines schönen Hotels, als Abschluss eines schönen Dinners – wann immer ein Lagavulin in Reichweite ist.
Ich habe seitdem schon diverse Whiskys probiert. Das Getränk ist für mich gefühlt wirklich hoffähig… sorry: salonfähig geworden. Es erfreut sich immer größerer Beliebtheit, wenn man die wachsende Auswahl in Großmärkten und gut sortierten Supermärkten als Indikator nimmt. Was mir fehlt, ist der freundliche alte Herr mit seinen Geschichten. Dessen Rat vermögen keine Amazon-Rezensionen zu ersetzen, oder der stressgetriebene Fachverkäufer in einer überdimensionierten, nüchtern-
anmutenden Getränkeabteilung.
So blieb es bis zum August diesen Jahres. Bis Nikolai Brinkmöller von Inceniofilm in Gronau mir vom whisky & cigar salon in Gronau erzählte. Dieser soll zu den größten in ganz Deutschland zählen.
Jetzt war mir Gronau nicht gänzlich fremd. Umso neugieriger war ich darauf zu sehen, was sich dort entwickelt haben könnte. Diesem Gedanken folgend, habe ich mich am 08.08.2019 auf den Weg gemacht. Gronau, das klingt so weit weg. Letztendlich sind es gerade mal 50 Kilometer von unserem Verlag entfernt, die sich via B67n und A 31 sehr bequem überbrücken lassen.
Schon beim Blick auf das Gebäude wurde mir klar, dass sich der Weg gelohnt haben könnte. Ich traf auf Han (Abkürzung für Johannes) Hilderink, den Inhaber dieses Epizentrums für Zigarren- und Whisky-Liebhaber.
Bei zwei Tassen Kaffee und einem angenippten Whisky entwickelte sich folgender Dialog:
#01 Han, seit wann hast du dich von Whisky und Zigarren faszinieren lassen?
Meine Whisky-Passion feiert ihren 40. Geburtstag. Bei den Zigarren ist es ein Jahrzehnt weniger.
Ich bin als Autodidakt gestartet und habe mein Wissen über all die vielen Jahre immer weiter ausgebaut und mich so richtig reinvertieft. Damit du ein Gefühl dafür bekommst: Ich war schon unzählige Male in Schottland und habe dabei alle namenhaften Destillerien persönlich besucht.
#02 Hast du einen ultimativen Tipp für unsere Leserinnen und Leser? Welche Destillerie muss man einmal in seinem Leben besucht haben?
Balvenie, ganz klar. Der kleine Bruder von Glenfiddich. Aber bitte unbedingt reservieren und dies Monate im Voraus.
#03 Wie kam es zu dem Entschluss, diese Leidenschaft businessmäßig umzusetzen und das an diesem Standort, in dieser Location?
Das war vor sechs Jahren, und es war eigentlich die logische Konsequenz unserer Entwicklung. Damit meine ich mein Wissen von Whisky & Zigarren und die Marketing-Kompetenz meiner Frau Claudia. Ich hatte so viel Erfahrung und ein so gutes Netzwerk, dass die Zeit reif dafür war, unserer Expertise ein Zuhause, eine Anlaufstelle für Gleichgesinnte zu geben.
Wir sind 2013 in Gronau mit unserem Konzept gestartet und seit 2016 an dem heutigen Standort, dem historischen Wasseraufbereitungswerk, einem Groß-Od, der aus der Ära der Textilindustrie stammt. Wir fühlen uns pudelwohl in diesen tollen Räumlichkeiten, die auch für anreisende Kunden gut zu erreichen sind. Die Nähe zum Bahnhof ist natürlich perfekt. Es gibt Kunden, die nach einem Besuch bei uns nicht mehr selbst fahren wollen. (Schmunzeln)
#04 Woher kommen eure Kunden?
Die kommen von beiden Seiten der Grenze. Wir haben Kunden aus Amsterdam, Berlin, aus dem Saarland, etc., die extra wegen unserer Produkte, unserem Sortiment und vor allem wegen der Zigarren-Lounge mit der Terrasse zu uns reisen. Das Gros unserer Kundschaft weist übrigens eine hohe Deckungsgleichheit mit dem Revier des PLATZHIRSCH auf. Für den Besuch eines Fußballspieles, eines Konzertes nimmt man gerne mal eine Stunde Fahrt in Kauf. Warum soll das bei unseren Genussthemen anders sein?
#05 Wie ist es eigentlich um die Frauenquote bei Whisky und Zigarren bestellt? Stimmt das, dass Zigarren und Whisky nix für Frauen sind?
Nein, tatsächlich kommen regelmäßig Frauen zu den Whisky-Tastings oder sind sehr erfahrene Zigarren-Raucherinnen. Zugegeben, der Männer-Anteil ist (noch) ein wenig größer.
#06 Was macht euch so besonders, was ist eurer USP? Warum fährt man aus anderen Bundesländern an, um euch zu besuchen?
Wir gehören zu den Top 5 der Cigar-Lounges in ganz Deutschland. Meines Wissens befinden wir uns auf Platz 2. Dafür ist nicht die Größe allein ausschlaggebend. Der Mix macht es, die Kombination aus Whisky- Fachgeschäft und Zigarren-Spezialist mit Lounge. Es ist auch die Breite unserer Klaviatur an Zigarren, Whisky und mittlerweile auch Rum. Das vorzuhalten ist eins. Wichtig ist, diese Klaviatur auch spielen zu können.
Du kannst dir die tollste Zigarre ordern und dir einen hervorragenden Whisky bestellen – es nutzt dir aber nichts, wenn die beiden sich nicht vertragen. Du brauchst jemand mit Erfahrung, der in der Lage ist, diese Themen zu matchen, dich zum optimalen Pairing zu beraten. Das geht nunmal nicht online. Riechen und schmecken ist emotional, nicht digital.
#07 Richten wir den Fokus auf das Thema Whisky. Warum komme ich nicht umhin, euch zu besuchen?
Wenn du dich mit guten Standards zufrieden gibst, ist deine Frage berechtigt. Gute Whiskys sind mittlerweile an vielen Orten verfügbar. Was trinkst du persönlich gerne Roland?
#08 Ich hatte Dir von meinem Faible für Lagavulin erzählt. Aber ich würde gerne meinen Horizont erweitern, um nicht alters-eintönig zu werden. Wir haben eine Leidenschaft für Portweine und eine ganz ansehnliche Sammlung. Ich habe mal einen Whisky genossen, der in einem Port-Fass gereift ist. Hast du so etwas?
Probiere den hier, den Quinta Ruban von Glenmorangie, der hat zehn Jahre in Bourbon-Fässern gereift und dann weitere zwei Jahre in Portwein-Fässern.
Die erste Nase, der erste Schluck mit einem Tropfen Wasser: Einfach nur Wow!!! Stelle den bitte an die Kasse, ich freue mich jetzt schon auf ein Glas zum Feierabend.
Wir haben hier z.B. Whiskys aus der Duncan- Taylor-Line. Das sind wirklich Unikate. Der alte Herr Abe Rosenberg (früherer Inhaber von Duncan Taylor) war ein Fässer-Freak. Der hat den Rohstoff Whisky bei den Destillen eingekauft und in seinen eigenen Fässern gelagert. Mr. Rosenberg hat ganz genau gewusst, was er tat. Als er verstarb, haben seine Söhne das stattliche Vermächtnis von 14.000 Fässern feinstem Whisky verkauft an Euan Shand. Wir haben hier Flaschen von diesem Stoff, die eigens für uns abgefüllt wurden.
#09 Okay, eine gewisse Kompetenzvermutung zum Thema Whisky darf man unterstellen. Wie schaut es bei den Zigarren aus? Gibt es da ähnliche Abweichungen von den Standards?
Dazu musst du wissen, dass es im Umkreis von ca. 50 Kilometer kaum noch Geschäfte gibt, die sogenannte Longfiller anbieten – wo die Zigarren aus ganzen Tabakblättern von Hand gerollt werden. Wir haben uns in den vergangenen sechs Jahren wirklich einen internationalen Platz erarbeitet. Unser begehbarer Humidor ist 50 m2 groß und trotzdem schon wieder zu klein – die Nachfrage nach guten Zigarren ist einfach enorm. Im September ist wieder die Inter-Tabak in Dortmund, die weltweit führende Fachmesse für Tabakwaren. Die internationalen Größen der Zigarrenbranche, die diese Messe besuchen, planen inzwischen immer einen Stopp in Gronau ein, um hier ihre neuen Produkte vorzustellen.
#10 Was ist die exklusivste Zigarre, die in eurem fulminanten, begehbaren Humidor schlummert?
Eine Gurkha Majesty’s Reserve. Google die mal bei einem schönen Whisky – die Story ist schon sehr bizarr. Aber lass uns nicht nach oben schauen, was die preisliche Dimension angeht. Wir haben echt tolle Produkte ob flüssig oder rauchig, die auch den Geschmack des eher kleinen Geldbeutels treffen.
#11 Wie ist das bei dir persönlich. Gibt es das Lieblingsprodukt aus eurem Sortiment?
Meine Wahl wird wirklich von meiner Verfassung, meiner Stimmung dominiert. Das kann mal ein Whisky in Fassstärke sein, also mit ziemlich viel Alkohol (50-70%) und mal ein echtes Leichtgewicht, im Mund wie im Portemonnaie. Ich werde immer für ein bisschen spooky gehalten, wenn ich sage, dass die Flaschen und Zigarren zu mir sprechen. Wenn ich mich von denen leiten lasse, wenn ich mir abends einen schönen Whisky gönnen möchte. Aber bei mir ist es wirklich so, ehrlich.
#12 Wenn du wählen müsstest – auf was könntest du eher verzichten: Whisky oder Zigarren?
Um ehrlich zu sein: auf beides, wenn es sein muss. Auf was ich absolut nicht verzichten könnte, wären guter Kaffee und Musik. Ohne geht gar nicht.
#13 Was müssen die Businesskunden, die Leserschaft des PLATZHIRSCH noch unbedingt über euch wissen? Außer einkaufen, was kann man denn sonst bei und mit euch machen?
Zum Bespiel: Sich selber eine kleine Auszeit bei uns zu gönnen. In der Raucher-Lounge die Zigarre genießen, alternativ auf der Terrasse am Wasser. Natürlich auch mit Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden. Unsere Räumlichkeiten sind der ideale Nährboden, um Businesskontakte zu knüpfen, zu pflegen und zu vertiefen. Hier wurden schon viele Abschlüsse bei Zigarre und einem passenden Getränk besiegelt. Viele unserer Gäste empfinden unsere Lounge als ihr ausgelagertes Wohnzimmer mit Kamin.
Unsere Räumlichkeiten werden genutzt, um auf neue Ideen zu kommen, sprich: Workshops und Seminare werden hier abgehalten. Der Lounge-Bereich wird für Business-Events genutzt – manchmal auch mit einem guten Whisky als Inspirations-Beschleuniger. Die Anzahl der denkbaren Anlässe geht wahrscheinlich einher mit unseren verschiedenen Whiskysorten.
Wichtig zu wissen ist auch, dass diese Räumlichkeiten eine voll ausgestattete Gastro-Küche bieten, die z.B. für Team-Cooking-Sessions gemietet werden kann. Wo im Salon gespeist wird, mit meiner begleitenden Beratung zu den passenden Getränken. Um bei uns reinzuschnuppern empfehle ich, an Whisky-Tastings, Zigarren-Verkostungen und anderen Events teilnehmen. Oder mit einer eigenen Gruppe ein Whisky-Tasting, mit oder ohne Zigarre, hier abzuhalten. Hier oder an einem anderen Wunschort. Wir sind sehr mobil – wir arrangieren Whisky-/Zigarrenpräsentation für Firmen-Veranstaltungen, Privatfeiern oder Genuss-Events vor Ort.
Mein persönlicher Eindruck:
Eingangs habe ich von dem älteren Herrn erzählt. Bei der Zeit mit Han fühlte ich mich unweigerlich daran erinnert. Han ist sicherlich 20 Jahre jünger als dieser Passionist damals war. Aber seine Erfahrung und seine Empfehlungen sind das, wonach ich mich gesehnt habe.
Ich weiß nicht, wie euch das geht, wenn ihr Filme seht, wo die Frau, der Mann abends nach getaner Arbeit nach Hause kommen und sich als erstes einen Drink eingießt. Ich kann dem echt etwas abgewinnen – wenn es bei einem Glas bleibt. Ein genussvolles Ritual als Übergang in den gemütlichen Teil des Tages. Ich habe mir ein festes Fähnchen auf meiner persönlichen Genusslandkarte eingerammt, wo ich diese rituellen Tropfen aufhole. Vielleicht traue ich mich auch mal daran, eine Anfängerzigarre dort auf der Terrasse zu paffen, mit Blick auf das rock’n‘pop-Museum.
Wir freuen uns, den whisky & cigar-Salon als bislang nördlichste Auslagestelle im PLATZHIRSCH-Revier verzeichnen zu dürfen. Und als Erweiterung unseres Portfolios bei den PLATZHIRSCH-Business-Events. Es gibt schon eine konkrete Idee für ein spannendes Whisky-Zigarren-Crime-
Format im Jahre 2020. Ihr dürft zurecht gespannt sein! (rb)
